Theresa May, Verhandlerin in alle Richtungen

Theresa May sucht nach Wegen durch die Brexit-Krise.
Theresa May sucht nach Wegen durch die Brexit-Krise.REUTERS
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Auf EU-Ebene will die britische Premierministerin den Backstop wegverhandeln. Und gleichzeitig sucht sie im Unterhaus nach Mehrheiten. Bedingungen von Labour-Chef Corbyn lehnt sie ab.

Ein Konsens in der Brexit-Frage? Den gibt es maximal bei den verbleibenden 27 EU-Ländern: kein Nachverhandeln. In Großbritannien selbst zeichnet sich zu Beginn einer neuen Sitzungswoche des Parlaments jedoch kein Ende des Streits über den Austrittskurs ab. Premierministerin Theresa May wies Bedingungen des Oppositionsführers Jeremy Corbyn ab, die unter anderem eine dauerhafte Zollunion mit der EU vorsehen. Sie will am Dienstag das Parlament über ihre Pläne zum weiteren Vorgehen informieren.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier forderte am Montag die Regierung in London auf, auf die Vorschläge Corbyns einzugehen. "Ich fand Corbyns Brief interessant in Ton und Inhalt", sagte er. Für den Abend ist ein Treffen Barniers mit Brexit-Minister Stephen Barclay geplant, bei dem eine Lösung der festgefahrenen Verhandlungen ausgelotet werden soll.

Die EU und Großbritannien haben sich im Streit über die künftige Ausgestaltung der Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland festgebissen. Zwar wollen beide Seiten, dass keine Grenzen mit Kontrollen, Absperrungen und Einschränkungen entsteht. Die EU fordert dafür jedoch, dass Nordirland Teil des Binnenmarktes bleibt, solange kein Handelsabkommen mit Großbritannien abgeschlossen worden ist. May hat dieser unbefristeten Übergangsregelung im Entwurf des Brexit-Vertrages zugestimmt, allerdings lehnt die Mehrheit des Parlaments diesen sogenannten Backstop ab. May hat daraufhin Nachverhandlungen mit der EU angekündigt.

Britische Wirtschaft verliert an Schwung

Am Donnerstag will das Parlament in London wieder über Brexit-Pläne der Premierministerin entscheiden. Corbyn hat May die Unterstützung der Labour-Abgeordneten angeboten, dafür aber fünf Bedingungen gestellt. Mays Büro veröffentlichte am Sonntagabend einen Brief an Corbyn, in dem sie die zentrale Forderung des Labour-Chefs nach einer dauerhaften Zollunion mit der EU ablehnte. Ihrer Ansicht nach würde das Großbritannien nach einem Austritt aus der Staatengemeinschaft daran hindern, eine unabhängige Handelspolitik zu verfolgen.

Brexit-Minister Barclay will mit Barnier Lösungen erörtern. Allerdings hatten zuletzt führende EU-Politiker erklärt, sie sähen keinen neuen Verhandlungsspielraum. Ohne Vertrag droht ein ungeregelter Ausstieg aus der EU, den beide Seiten wegen der dann erwarteten wirtschaftlichen Rückschläge vermeiden wollen. Bislang ist der 29. März als Austrittsdatum vorgesehen.

Wegen der Unsicherheiten verlor die britische Wirtschaft an Schwung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Oktober bis Dezember nur noch um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt mitteilte. Im Sommer war noch ein Plus von 0,6 Prozent erreicht worden.

(APA/Reuters/dpa)

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