Chinesischer Film aus Berlinale-Wettbewerb gestrichen

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Aus "technischen Gründen" sei der chinesische Beitrag "One Second" aus dem Wettbewerb gezogen worden, lautet die offizielle Erklärung. In Berlin wird aber schon über politische Gründe spekuliert.

"China während der Kulturrevolution": So beginnt auf der Webseite der Berlinale die Beschreibung für den chinesischen Film "Yi miao zhong" ("One Second"), der als einer von 17 Filmen im Wettbewerb um den Goldenen Bären antreten hätte sollen. Hätte sollen, denn: Der Film wurde zurückgezogen - und glaubt man chinesischen Brancheninsidern in Berlin, dann könnte das durchaus mit der Ära, in der der Film spielt, zu tun haben.

In den Jahren zwischen 1966 und 1976 stürzte Mao Zedong das Land in Chaos, um seine Herrschaft zu sichern. Eineinhalb bis zwei Millionen Menschen kamen in den zehn Jahren ums Leben, 30 Millionen wurden politisch verfolgt und 100 Millionen Menschen waren indirekt von den brutalen Exzessen betroffen. Eine freie öffentliche Diskussion über die Kulturrevolution gibt es in China bis heute nicht. Es ist also ein sensibles, sehr tabubehaftetes Thema, das der Filmemacher Zhang Yimou (der in China immer wieder mit Aufführverboten konfrontiert war) in seinem Werk aufgreift.

Laut den Branchenblättern "Variety" und "Hollywood Reporter" seien in Berlin sofort Spekulationen laut geworden, dass der Film in Peking Probleme mit der Zensur bekommen haben könnte. Die offizielle Begründung, warum der Film so plötzlich aus dem Wettbewerb genommen wurde, ist freilich eine andere: Aus "technischen Gründen" könne er nicht bei der Berlinale gezeigt werden, hieß es auf der offiziellen Seite des Films auf dem chinesischen sozialen Netzwerk Weibo.

Schon der zweite zurückgezogene Film aus China

Auch ein weiterer chinesischer Film wird, anders als angekündigt, nicht in Berlin gezeigt: "Shao nian de ni" ("Better Days"), ein Melodram aus Hongkong, sollte in der Jugendsektion "Generation" laufen, wurde aber drei Tage vor Beginn des Festivals zurückgezogen. Laut Produktionsfirma, weil es nicht rechtzeitig fertiggestellt wurde. Anderen Quellen zufolge habe der Film nicht die notwendigen Genehmigungen der chinesischen Behörden bekommen, berichtete "Variety".

Der Regisseur von "One Second", Zhang Yimou, war auf der Berlinale indessen schon mehrmals zu Gast: 1988 gewann er für "Rotes Kornfeld" den Goldenen Bären. Während der Kulturrevolution war er als junger Mann wie Millionen anderer junger Menschen selbst zur Landarbeit verschickt worden, dort entdeckte er seine Liebe zur Fotografie, über die er später zum Film fand. In seinem neuen Film feiert er nun das Kino als Gemeinschaftserlebnis, das die Menschen am Land vom harten Alltag ablenken kann: In "One Second" treffen ein geflohener Häftling und ein Waisenmädchen aufeinander. Er, ein großer Filmfan, will unbedingt den Inhalt einer bestimmten Filmrolle sehen - ausgerechnet diese hat sie aber gestohlen . . . Auf der Berlinale soll nun stattdessen ein anderer Film aus Yimous Oeuvre gezeigt werden.

(kanu)

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