Wer hat es auf Jeff Bezos abgesehen?

Er gründete das Unternehmen Amazon und ist Besitzer der „Washington Post“ – und will nun die unlautere Berichterstattung über seine Affäre bekämpfen: Jeff Bezos.
Er gründete das Unternehmen Amazon und ist Besitzer der „Washington Post“ – und will nun die unlautere Berichterstattung über seine Affäre bekämpfen: Jeff Bezos.(c) REUTERS (Joshua Roberts)
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Der Amazon-Gründer will wissen, wer Details aus seinem Privatleben an die Boulevardpresse weitergeleitet hat. Der Kampf um Informationen und Berichterstattung reicht bis ins Weiße Haus.

Los Angeles/Wien. Michael Sánchez hat einen Job, der quasi auf Los Angeles zugeschnitten ist. Er ist, was die Einwohnerschaft von Hollywood „talent agent“ nennt, ein Agent, der Schauspieler, Sportler und Schriftsteller vermittelt. Sánchez spielt Tennis, semi-professionell, er ist verheiratet mit einem Mann und er hat eine Schwester, die seit Wochen die Titelseiten der Krawallblätter dominiert.

Lauren Sánchez hatte, wie ebenjene Blätter ausweiden, eine monatelange Affäre mit dem wohl reichsten Mann der Welt, Amazon-Gründer Jeff Bezos. So kamen private Nachrichten und Nacktbilder von Bezos in die Redaktionsstube des „National Enquirer“, einem der brutalsten Vertreter des amerikanischen Boulevards. Wer hat nun das Material weitergegeben? Michael Sánchez, lautet der aktuelle Verdacht, nachdem diverse Beobachter und Berichterstatter schon den US-Geheimdienst NSA, den britischen Geheimdienst und den Mossad im Visier hatten.

Bezos hatte zuvor selbst Detektive engagiert, die der Sache auf den Grund gehen sollten – auch bei ihnen soll sich Sánchez im engeren Verdachtskreis befinden. Sánchez selbst weist die Vorwürfe empört zurück. Vielmehr solle man bei Gavin de Becker anfangen nachzubohren – dem langjährigen Sicherheitschef von Bezos, der für seinen Chef die ganze Detektivarbeit erledigt.

Erpressung und Wahlkampf

Die mögliche Involvierung der erweiterten Familie macht die Affäre Bezos noch schwieriger, als es ohnehin schon ist. Sánchez soll erstens gute Kontakte zu Donald Trumps Freundeskreis haben. Und zweitens war es Bezos selbst, der vor wenigen Tagen die Enthüllungen seiner Privatsphäre als politisch motiviert bezeichnete.

Der „National Enquirer“ habe nämlich seine Emissäre vorgeschickt und ihn erpresst, so Bezos. Man habe von ihm verlangt, seine privaten Ermittlungen einzustellen, andernfalls werde das Boulevardblatt mehr private Details von Bezos und Lauren Sánchez veröffentlichen. Das kam für den Amazon-Gründer nicht in Frage. In einem offenen Brief warf er dem Verlagshaus unlautere Methoden vor. „Wenn ich mich in meiner Position nicht wehren kann, wie viele Menschen können es dann?“ Die Antwort vom Verlag ließ nicht lange auf sich warten: Bei den Gesprächen habe es sich um ganz normale Verhandlungen gehandelt, ließ der Anwalt des Verlags, American Media Inc (AMI), mitteilen. Die Quelle, von der sie das inkriminierte Material erhalten haben, sei absolut zuverlässig, sagte der Anwalt noch; man sei kein Handlanger politischer Kräfte.

Bezos vermutet den Drahtzieher im Weißen Haus. Die Chefetage von AMI ist mit Präsident Trump gut befreundet und hat ihm bereits gute Dienste erwiesen, indem sie die Rechte an mutmaßlichen Trump-Affären aufgekauft, sie aber nicht veröffentlicht haben. All das kam an unverhoffter Stelle ans Licht, im Zuge der Ermittlungen der US-Justiz zur Rolle Russlands in Trumps Wahlkampf.

Bezos hingegen ist Besitzer der „Washington Post“, einem führenden Leitmedium der Trump-Kritik und deklarierter Feind des Präsidenten selbst. Die Enthüllungen der „Post“ waren schon oft unangenehm für das Weiße Haus, nicht zuletzt die Berichterstattung zum Fall Jamal Khashoggi. Der saudische Journalist, der für die „Post“ schrieb, wurde im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet. Wiewohl viele Länder den Herrschern in Riad vorwerfen, in den Mordfall verwickelt zu sein, hielt sich Trump mit Verurteilungen zurück.

Nun ist ein Ende der ganzen Schlammschlacht nicht in Sicht, vielmehr kommen wöchentlich neue Protagonisten dazu. Anfang Jänner gaben Bezos und seine Frau Mackenzie die Scheidung bekannt – die Autorin hatte das Unternehmen mit aufgebaut. Kurz vor der Verkündung sei es wieder der „National Enquirer“ gewesen, der ihm gedroht habe, Details zu seiner Affäre zu veröffentlichen, sagte Bezos jüngst. Das Boulevardblatt ließ sich dann nicht aufhalten. Bezos führe ein gnadenloses und intransparentes Unternehmen wie ein Politbüro, kommentiert die „New York Times“ die aktuellen Ereignisse. „Aber wie jeder andere hat auch er das Recht auf Privatleben.“ (duö)

Auf einen Blick

Jeff Bezos, Jahrgang 1964, gründete das Unternehmen Amazon und gilt mit einem Vermögen von etwa 150 Mrd. US-Dollar als reichster Mann der Welt. Im Jänner gab er die Scheidung von seiner Frau Mackenzie bekannt. Anschließend berichteten Boulevardblätter von Jeff Bezos' Affäre mit einer langjährigen Bekannten. Bezos will herausfinden, wer an die privaten Infos kam.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2019)

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