Wahlkampfkosten: Keine Ermittlungen gegen ÖVP und FPÖ

Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache: Millionen für den Wahlkampf
Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache: Millionen für den WahlkampfMichael Gruber / EXPA / pictured
  • Drucken

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft sieht nach einer Anzeige der Liste Jetzt keinen Grund für Ermittlungen gegen die Regierungsparteien. Die Neos fordern drastische Strafen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wird wegen der massiven Wahlkampfkosten-Überschreitung nicht gegen ÖVP und FPÖ ermitteln. Die Liste Jetzt hatte bei beiden Parteien Untreue und Förderungsmissbrauch vermutet. Wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der APA mitgeteilt hat, gibt es aber keinen Anfangsverdacht, der die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gerechtfertigt hätte.

Für Wahlen auf Bundesebene gilt seit 2012 ein Kostenlimit von sieben Millionen Euro. Bei der Nationalratswahl 2017 hat die SPÖ diese Kostengrenze leicht überschritten, FPÖ und ÖVP lagen massiv darüber. Dabei hatte der nunmehrige Kanzler Sebastian Kurz noch zwei Wochen vor der Wahl eine Offenlegung seiner Wahlkampfkosten abgelehnt und gemeint, die ÖVP halte sich an "alle Regeln, die es derzeit gibt". Schlussendlich gab die ÖVP mit 13 Millionen Euro aber fast doppelt so viel aus wie erlaubt, die FPÖ investierte nach eigenen Angaben 10,7 und die SPÖ 7,4 Millionen Euro.

Das Parteiengesetz sieht für die Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze Strafzahlungen von bis zu einer Million Euro im Fall der ÖVP bzw. bis zu 565.000 Euro im Fall der FPÖ vor. Der SPÖ könnte ihre Überschreitung bis zu 40.000 Euro kosten. Darüber hinaus gehende strafrechtliche Konsequenzen sind im Parteiengesetz nicht vorgesehen.

Die Liste Jetzt (früher Liste Pilz) hat ÖVP und FPÖ wegen der massiven Überschreitung dennoch angezeigt - und zwar wegen Förderungsmissbrauch und Untreue. Letzteres für den Fall, dass die Gremien der Parteien die Kostenüberschreitungen nicht ordnungsgemäß abgesegnet hätten. Die WKStA sah diesen Verdacht allerdings als nicht als gegeben an und leitete kein Ermittlungsverfahren ein. Wie hoch die Geldbußen wegen der Überschreitungen ausfallen, entscheidet der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) im Kanzleramt voraussichtlich im Herbst, wenn auch die Rechenschaftsberichte für das Wahljahr vorliegen.

Neos für drastische Strafen

Dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht gegen ÖVP und FPÖ ermitteln wird, ist für die NEOS Anlass, ihre Forderung nach "echten Strafen" für massive Wahlkampfkosten zu erneuern. In einer Aussendung am Dienstag verlangten sie Strafzahlungen von bis zu 150 Prozent des Überschreitungsbetrags.

Gleichzeitig sollte die Wahlkampfkostenbeschränkung auf einen Euro pro Wahlberechtigtem je nach Ebene gesenkt werden. Auch vollkommene Transparenz verlangten sie. "Gerade angesichts des bevorstehenden EU-Wahlkampfs haben die Österreicher ein Recht zu erfahren, woher die Millionen für den Nationalratswahlkampf gekommen sind - das haben ÖVP und FPÖ bis heute nicht offengelegt", so Vizeklubchef Nikolaus Scherak: " Wir warten noch immer auf die Veröffentlichung der Berichte aus dem Jahr 2017."

Der Rechnungshof solle endlich echte Prüfrechte für die Parteienfinanzen erhalten. Zudem sollten Verstöße gegen die Spenden-, Wahlwerbungsausgaben- und Rechenschaftsverpflichtungen nicht ausschließlich Verwaltungsübertretungen, sondern auch gerichtlich strafbar sein, so die NEOS.

SPÖ will Transparenz

Die SPÖ fordert auch nach der Entscheidung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, trotz massiver Wahlkampfkosten-Überschreitung nicht gegen ÖVP und FPÖ zu ermitteln, "Transparenz, wer den Wahlkampf der beiden Parteien finanziert hat."

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda meinte in einer Stellungnahme gegenüber der APA, die Staatsanwaltschaft habe zwar "festgehalten, dass ÖVP und FPÖ nicht untreu zu ihren Parteigremien waren. Weiter offen ist aber die Frage, woher die sechs Millionen bzw. vier Millionen Euro gekommen sind, die die beiden Parteien im Wahlkampf über den gesetzlichen Grenzen ausgegeben haben. Es steht also weiter der Verdacht im Raum, dass ÖVP und FPÖ zwar treu zu ihren Großspendern, aber untreu zu den österreichischen Wählerinnen und Wählern sind."

Liste Jetzt: "Persilschein" für Koalition

Auch die Liste Jetzt hat am Dienstag Kritik an der Entscheidung geübt. Mandatar Peter Pilz und Parteichefin Maria Stern sahen damit einen "Persilschein" für die Koalitionspartner ausgestellt.

"Der WKStA ist es gelungen, den Bestimmungen über Parteienfinanzierung und Wahlkampfkosten einen der letzten verbliebenen Zähne zu ziehen", so Pilz in einer Aussendung: "Damit sendet die Strafjustiz ein klares Signal an die Millioneninvestoren, die illegale Wahlkämpfe der beiden Regierungsparteien finanzieren. Das Schlimmste, was Kurz und Strache jetzt noch passieren kann, sind Finanzstrafen im Bagatellbereich."

Auch Stern zeigte sich erbost: "Eine Partei wie die ÖVP, die die Chuzpe hat, gesetzesbrüchig zu werden, weil die Bußzahlung lediglich eine Million Euro beträgt, gibt Anlass, darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoller ist, statt Geldstrafen Haftstrafen einzuführen. Den Wählerinnen und Wählern gegenüber, die auch Steuerzahlende sind, wäre das nur gerecht."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.