Sechs Jahre Prozess

Glawischnigs "Sieg auf allen Ebenen": Facebook muss Urteil veröffentlichen

Die Presse/Clemens Fabry
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Sechs Monate lang muss Facebook direkt auf der Startseite das Urteil anzeigen. Außerdem wurde der ehemaligen Grünen-Chefin Schadenersatz zugesprochen. Die Nutzerdaten von den Hasspostern muss Facebook ebenfalls herausgeben.

Eva Glawischnig hat die Grünen schon lange verlassen, Novomatic den Rücken gekehrt und ist seit dem vergangenen Jahr Nachhaltigkeitsberaterin. Nachhaltig war auch der Kampf gegen Facebook, den die Grünen seither weiterführten. Nach knapp sechs Jahren andauernden Verfahren, wurde in dem Musterprozess den Grünen recht gegeben: Die Plattform muss die gegen ihre einstige Chefin gerichteten beleidigenden Kommentare einer Nutzerin wie auch sinngleiche Beiträge weltweit löschen. Facebook muss das Urteil zudem für sechs Monate auf der Startseite veröffentlichen und die Daten der Hassposterin herausgeben.

Anlassfall war eine Klage, die Glawischnig noch vor ihrem Rücktritt als Chefin der Grünen 2016 gegen das soziale Netzwerk angestrengt hatte, nachdem sie in Postings beleidigt und unter anderem als "miese Volksverräterin" und Mitglied einer "Faschistenpartei" bezeichnet worden war. Es wurde eine einstweilige Verfügung beim Handelsgericht Wien angestrebt. Dieses verfügte die Löschung, allerdings kam Facebook dem nur für Österreich nach. Nach einem Zwischenstopp beim Obersten Gerichtshof (OGH) urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren, dass auch nationale Gerichte eine weltweite Löschung - auch von sinngleichen Postings - verfügen können.

„Ein Sieg auf allen Ebenen“ 

Im Hauptverfahren vor dem Handelsgericht Wien wurde das erstinstanzliche Urteil nun von Facebook anerkannt, da der Konzern keine Berufung einlegte, wie Glawischnigs Rechtsanwältin Maria Windhager sagte. Sie sprach von einem "absolut sensationellen" Grundsatzurteil und einem "Sieg auf allen Ebenen".

Screenshot/Facebook

Facebook muss das Urteil nun für sechs Monate weltweit auf der Startseite www.facebook.com "in dem Bereich, der bei Abruf der Startseite ohne Scrollen sichtbar wird, in einem fett linierten Rahmen, mit fett geschriebener mindestens 20 Punkt großer Überschrift 'Im Namen der Republik!'" veröffentlichen. Das Gericht sieht dies als notwendig an, "um das Umsichgreifen der Meinung, man könne sanktionslos Hasspostings veröffentlichen, zu verhindern".

Facebook veröffentlichte das Urteil bereits. Windhager äußerte allerdings Bedenken, ob dies formgerecht geschah. So dürfte es laut der Anwältin auf Österreich beschränkt sein und auch nicht in allen Browsern aufscheinen. Zudem gelange man nur über einen Klick zum gesamten zu veröffentlichenden Urteil. "Wir prüfen rechtliche Schritte", so Windhager.

Facebook weigerte sich bislang, Userdaten herauszugeben

Als besonders wichtig erachtete es Windhager, dass Facebook dazu verpflichtet wurde, die Userdaten - Vor- und Zuname sowie die Anschrift - herauszugeben. Denn die Interessen der Klägerin an der Feststellung der Identität der Nutzerin seien laut dem Urteil evident. Facebook weigerte sich bisher, Userdaten preiszugeben und berief sich auf irisches Recht. Das Urteil stellt nun klar, dass hier österreichisches Recht zur Anwendung kommen kann. Facebook wurde darüber hinaus verpflichtet, 4000 Euro Schadenersatz zu zahlen und rund 19.000 Euro Verfahrenskosten zu ersetzen.>>> Grüner Kampf gegen Facebook

„Es ist David gegen Goliath", sagte Grünen-Chef Werner Kogler zur „Presse" im Vorfeld der Verhandlung vor dem EuGH.

Die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, sieht einem Statement zufolge einen "wichtigen Sieg vor Gericht gegen Facebook". Die Urteilsveröffentlichung auf der Startseite zeige auf, dass die Plattformen für die Inhalte auf ihren Seiten haftbar seien und sich nicht aus der Verantwortung stehlen könnten. "Verstöße führen zu Schadenersatz und damit Kosten - offenbar verstehen sie nur diese Sprache", so Maurer und merkte an, dass vor allem Frauen und bereits marginalisierte Personengruppen besonders von Hasspostings betroffen seien. "Wichtig für alle Betroffenen ist: Sie sind nicht alleine. Es gibt Mittel und Wege, sich zu wehren und sie wirken."

(APA/bagre)

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