Für mehrwöchige Sprachbeobachtungen fehlten den Pädagoginnen und Pädagogen Zeit und Ausbildung, sagt Raphaela Keller vom Kindergartendachverband.
Wien. In den Kindergärten wird es ab Herbst, wie „Die Presse“ berichtete, erstmals österreichweit einheitliche Sprachstandsüberprüfungen geben. Dafür fehlten den Pädagoginnen und Pädagogen aber sowohl die Zeit als auch die Ausbildung, kritisiert Raphaela Keller, die Vorsitzende des Berufsverband der Kindergarten- und HortpädagogInnen (ÖDKH) im Gespräch mit der „Presse“.
Die Pädagogen sollen die Kinder künftig über mehrere Wochen beobachten und anhand von Beobachtungsbögen bewerten, die nun fertig vom Bildungsministerium ausgearbeitet wurden. „Dieses Werkzeug können viele gar nicht bedienen“, sagt Keller. Das Personal sei dafür nicht geschult. Insofern sei es ein Fehler, die Tests schon im Herbst einzuführen.
Im Kindergartenalltag bleibe für eine ausführliche Beobachtung jedes einzelnen Kindes außerdem keine Zeit. „Viele Kolleginnen erzählen, dass sie am Ende das Tages oft nicht einmal wissen, ob sie mit jedem Kind gesprochen haben“, sagt Keller. Es sei unmöglich, die Deutschkenntnisse penibel in den Beobachtungsbögen zu notieren, während man ein Buch lesen, einen Streit schlichten und ein Kind auf Klo begleiten soll.
Zwei Pädagogen auf 15 Kinder
Derzeit müssten sich zu wenige Pädagogen mit zu vielen Kindern beschäftigen. „Es darf diese Massenkindhaltung nicht geben“, sagt Keller. Schon lang fordert der Berufsverband ein besseres Betreuungsverhältnis im Kindergarten. Idealerweise sollten 15 Kinder von zwei Pädagogen betreut werden. Derzeit säßen in den Gruppen meist 22 bis 25 Kinder.
Es geht Keller nicht nur um die „extrem schwierige“ Durchführung der Sprachstandsfeststellung, sondern auch um die daran anknüpfende Sprachförderung. Für diese sprachliche Frühförderung soll laut Plänen des Ministeriums eigens ausgebildetes Personal eingesetzt werden. Noch fehlt dieses aber. Deshalb wird diese Voraussetzung (vorerst) nur von 15 Prozent der Fachkräfte gefordert.
Selbst das, sagt Keller, könnte schwierig werden. Insofern hält sie die Pläne des Bundes, die Ausschüttung des Geldes für den Ausbau der Sprachförderung an die Ausbildung des Personals und den Erfolg der Sprachförderung zu knüpfen, für falsch.
In Kindergärten brauche es nicht nur mehr Elementarpädagogen und Sprachförderpädagogen, sondern auch mehr Personal, das die Muttersprache der Kinder mit Migrationshintergrund beherrscht, sagt Keller. Die Kinder müssten zuerst die Erstsprache gut beherrschen, um danach auch gut Deutsch zu lernen, sagt Keller.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2019)