André Myhrer: "Es ist ein bisschen frustrierend für uns andere Slalomfahrer"

André Myhrer.
André Myhrer. (c) REUTERS (LISI NIESNER)
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2018 gewann André Myhrer Olympia-Gold im Slalom und hofft, am Sonntag vor Heimpublikum Marcel Hirscher erneut ärgern zu können.

Die Presse: Wie ist denn das Gefühl, als amtierender Slalom-Olympiasieger bei der Heim-WM anzutreten?

André Myhrer: Es fühlt sich großartig und speziell an, nach Olympia-Gold hierherzukommen. Natürlich sind die Erwartungen hoch, nicht nur von außen, sondern auch von mir selbst. Man kann das besondere Flair hier in Åre spüren, die Vorfreude ist groß.

Für Ihre acht Weltcupsiege haben Sie sich jeweils eine Gitarre gekauft. Haben Sie sich auch nach dem Erfolg in Pyeongchang eine geleistet?

Dafür habe ich mir noch keine gekauft. Die Sache ist die: Ich habe bereits so viele Gitarren zu Hause, dass ich eigentlich keinen Platz mehr habe.

Sie sind der einzige männliche Ski-Olympiasieger aus Schweden neben Ingemar Stenmark. Wie stolz macht Sie das?

Olympia-Gold war das große Ziel, seit ich so richtig begonnen habe Ski zu fahren. Jetzt in einem Satz mit Stenmark erwähnt zu werden ehrt mich und macht mich richtig stolz.

Wie gehen Sie mit den ständigen Vergleichen mit der Legende Stenmark um?

Stenmark ist der größte Athlet, den Schweden in seiner Geschichte hervorgebracht hat. Alles, was er macht, macht er mit Leidenschaft. Ich bin fast ein wenig traurig, dass ich zu jung bin, um seine Glanzzeit selbst miterlebt zu haben. Natürlich kenne ich die Bilder und all die Zahlen seiner großartigen Karriere, es ist einfach beeindruckend. Also ist es einerseits natürlich schwierig, weil man immer mit ihm verglichen wird, aber andererseits ist das auch eine große Ehre – so versuche ich es zumindest zu sehen.

Empfinden Sie Ihren Triumph 2018 auch speziell, weil er genau in die Zeit fällt, in der sich Marcel Hirscher und Henrik Kristoffersen ein heißes Duell um den Slalom-Thron geliefert haben?

Es war ein wirklich schwieriges Rennen in Pyeongchang, alle hatten Probleme, sich auf den Schnee einzustellen, auch ich. Ich erinnere mich, wir haben noch am Tag vorher Änderungen am Set-up vorgenommen. Dann ist Marcel im ersten Lauf ausgeschieden, und Henrik hat geführt. Es ist hart, als Letzter dort oben zu stehen und zu sehen, dass der Läufer vor dir die Führung übernommen hat und der Vorsprung knapp ist. Olympia ist eine Nervensache, man spürt schon am Start, dass es kein normales Weltcuprennen ist. Ich hatte meine Nerven gut im Griff und wie generell eigentlich immer bei Olympia ein gutes Gefühl. Es ist das Größte, was man als Skifahrer erreichen kann, und ich habe es immer geschafft, meine Leistung abzurufen.

Was macht Hirscher besser als die Konkurrenz?

Er fährt schneller Ski. Es ist ja nicht so, dass wir nicht probieren, ihn einzuholen, das tun wir wirklich. Es ist beeindruckend, was er in den letzten Jahren geleistet hat, und ein bisschen frustrierend für uns andere Slalomfahrer. Es scheint, als ob er alles auf einem anderen Level macht, er hat den Sport definitiv auf ein höheres Niveau gebracht. Es ist faszinierend, ihm zuzuschauen, und ich glaube nicht, dass jemand anderer die Kugel gewinnen wird, solange Marcel fährt. Aber in manchen Rennen unter gewissen Bedingungen kann ich ihn schlagen – und ich hoffe, dass das hier in Åre der Fall sein wird.

Mit Clément Noël ist zuletzt ein weiterer Herausforderer um den Sieg hinzugekommen. Wie ist es mit 36 Jahren den Aufstieg eines 21-Jährigen mitzuerleben?

Es kommen immer Neue nach. Ich hatte in meiner Karriere keinen solchen Blitzstart wie er, er hat in Kitzbühel und Schladming gezeigt, welch großartiger Skifahrer er ist. Das konnte man schon beim Saisonauftakt in Levi sehen, den er vielleicht gewonnen hätte, wenn er nicht ausgeschieden wäre. Er ist ein Riesentalent, und ich bin überzeugt, dass wir in Zukunft noch sehr viel von ihm hören werden.

Sie fungieren auch als Botschafter für die Olympia-Kandidatur von Stockholm/Åre 2026. Viele Menschen können mit der olympischen Idee nicht mehr viel anfangen, wie überzeugen Sie sie?

Früher wurde für die Olympischen Spiele viel gebaut und Geld ausgegeben. Unser Konzept ist deutlich kleiner und wird weniger Auswirkungen auf das Umfeld haben. Das muss auch die Zukunft für Olympia sein, um unseren Planeten so zu bewahren, wie er ist.

ZUR PERSON

André Myhrer, 36, ist ein schwedischer Slalomspezialist. Er gewann acht Weltcuprennen und 2011/12 die Disziplinenwertung. Größter Erfolg war der Slalom-Olympiasieg 2018. Noch überlegt er, ob er noch eine Saison anhängt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2019)

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