Schätze in der Innenstadt

Der Blick über die Dächer auf den Stephansdom (l.) ist ebenso begehrt wie eine etwaige Dependance im Goldenen Quartier (r.).
Der Blick über die Dächer auf den Stephansdom (l.) ist ebenso begehrt wie eine etwaige Dependance im Goldenen Quartier (r.).(c) Rohr Real Estate, Clemens Fabry
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Luxus für die linke und rechte Gehirnhälfte: Was Käufer jenseits nackter Zahlen glücklich macht.

Es gibt viele vernünftige Fragen, die beim Kauf (nicht nur) einer Luxusliegenschaft zu beantworten sind. Die wichtigsten: Passen die Lage, die Ausstattung und der Preis? Ist ein Investment sinnvoll? Ist der Bauträger verlässlich? Lassen sich alle mit Ja beantworten, darf man davon ausgehen, einen guten Kauf gemacht zu haben, und kann mit der Entscheidung zufrieden sein. Dann gibt es da noch diese ganz besonderen Wohnungen, die nicht nur die linke, für die rationalen Dinge zuständige Gehirnhälfte ansprechen, sondern auch die rechte glücklich machen. Was einem ein warmes Gefühl im Bauch beschert.

Das gewisse Etwas

Diese „Schätze“ haben immer irgend etwas Besonderes, das das Herz der künftigen Bewohner höherschlagen lässt. Makler und Entwickler wissen das natürlich und verwenden daher große Mühe darauf, jene Dinge, die den kleinen, aber feinen Unterschied ausmachen, herauszuarbeiten, einzubauen oder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Was aber sind die Faktoren, die beispielsweise in der derzeit von vielen luxuriösen Angeboten bevölkerten Wiener Innenstadt die Spreu vom Weizen trennen, und für wen?

Für die Anhänger des Wiener Stilaltbaus sind es traditionellerweise gut erhaltene oder wieder Instand gesetzte Insignien der glanzvollen Vergangenheit. „Das kann beispielsweise das gewaltige Entree eines echten Palais sein“, nennt Peter Marschall, Inhaber von Marschall Immobilien, ein Beispiel. „Wenn ich da hineinkomme und mir die Luft wegbleibt, ist das schon etwas Besonderes.“ Aber auch in den Wohnungen selbst sorgten Relikte der guten alten Zeit immer wieder für glänzende Augen, berichtet Elisabeth Rohr, Inhaberin von Rohr Real Estate.

„Deckenfresken, schöner alter Stuck oder Kassettendecken sind heiß begehrt, und wenn es dann beispielsweise noch schöne Supraporten gibt, sind manche Kunden sowieso hin und weg“, so die Maklerin. Andere Details, die für Freude bei den Altbaufans sorgen, seien beispielsweise originale Drehknäufe an den Türen. Wobei die Liebe zum Historischen im Luxussegment auch ihre Grenzen kennt, wie die Makler wissen. „Wenn das schöne alte Parkett knarzt, ist es oft schon zu viel“, meint Rohr. „Außerdem schrecken unsanierte Objekte häufig Käufer ab, weil ihnen das Gefühl dafür fehlt, wie viel dort investiert werden muss.“

Glanzvolle Vergangenheit

Auch wenn der Denkmalschutz dafür sorgt, dass Dinge erhalten werden müssen, die vielleicht doch nicht mehr so gut in den Zeitgeist passen, ist es mit der Liebe zum Alten oft schnell vorbei, berichtet Marschall: „Das ist zum Beispiel bei sehr dunklen Vertäfelungen oder Kassettendecken der Fall“, so der Makler.

Eine andere Art, die glanzvolle Vergangenheit einer Liegenschaft ins Gedächtnis potenzieller Käufer zu rücken, führt über die Erwähnung großer Namen oder einer ruhmreichen Vergangenheit. Etwa wenn sich Projekte wahlweise mit klingenden Bezeichnungen wie „Palais“ schmücken oder prominente Vorbesitzer oder Architekten im Namen führen – was momentan besonders beliebt ist. „Derzeit wird bei vielen Objekten eine Geschichte erzählt, alles bekommt einen Namen und wird als Brand vermarktet“, verweist Robin Kalandra, Inhaber von Kalandra Immobilien, auf den Trend, Zinshäuser wie Hochhäuser mit Vor- und Nachnamen zu versehen. „Das kannte man lang nur aus den USA, etwa bei Gebäuden wie dem Rockefeller Center.

Inzwischen wird damit aber auch bei uns darauf hingewiesen, dass die Vermarktung eines Projektes größer aufgezogen wird.“ Ein ausschlaggebendes Kaufkriterium seien große Namen aber zumeist nicht, gibt sich Marschall realistisch: „Dafür, dass Graf Soundso da einst gewohnt hat, zahlt sicher niemand mehr“, so der Makler. Ein „nice to have“, das manchen Kunden gefällt, sei es manchmal aber durchaus, berichtet hingegen Rohr: „Das hat man kürzlich bei den Korb-Etagen gut beobachten können“, so die Maklerin. Das nach dem legendären, aber nicht unbedingt edlen Café Korb im Untergeschoß benannte Projekt sei „gegangen wie verrückt, weil es ein Statement ist, zu sagen, ich wohne beim Café Korb“.

Branding versus Volksmund

Allerdings müsse diese Art des Brandings auch wirklich funktionieren, was gar nicht so einfach ist. Denn häufig habe der Volksmund einen ganz anderen Namen für etwas, und dagegen komme meist auch das eifrigste Branding nicht an. „Wenn etwas erst einmal Jonasreindl heißt, dann bleibt das auch so“, lacht die Maklerin. „Eines der wenigen Projekte, bei denen es gelungen ist, dass ein Branding-Name auch wirklich von der Bevölkerung übernommen wurde, ist das Goldene Quartier“, so Rohr, die in den Verkauf der dortigen Wohnungen als Eigentümervertreterin der Signa involviert war.

Ein Topkriterium, das aus einer soliden Luxusimmobilie einen kleinen Schatz machen kann, ist dagegen für alle der Blick. Die Möglichkeit, ungestört auf einen prominenten Kirchturm oder die Dachlandschaft der Innenstadt zu schauen, lässt Käuferherzen definitiv höher schlagen. „Auch Ausblicke beispielsweise aufs Museumsquartier oder die alte Börse sind gefragt“, weiß Kalandra. Neben dem Ausblick ist aber auch ein fehlender Einblick ein Unterscheidungskriterium, mit dem sich in der Innenstadt besonders punkten lässt, wie Marschall betont: „Wenn man wirklich ganz oben ist und auf alle anderen hinunterschaut, ist das schon etwas Besonderes“, meint der Makler. „Das ist selbst in den teuersten Lagen nur selten der Fall.

Gleiches gilt für einen Grünblick – etwa auf den Stadt- oder Rudolfspark.“ Die Idee, auf diese besonderen Aussichtsplattformen noch etwas draufzusetzen, hat in der jüngeren Vergangenheit einige Entwickler dazu veranlasst, die Dachterrassen obendrein mit einem privaten, uneinsehbaren Pool zu krönen. Womit fraglos urbane Wohnräume kreiert wurden, die einzigartig sind und Herzen höherschlagen lassen. Allerdings müssen für diese ganz besonderen Schätze dann auch Käufer mit entsprechend gefüllten Schatztruhen gefunden werden – und das kann manchmal ein wenig dauern. „Da muss dann wirklich absolut alles zusammenpassen“, weiß Kalandra aus seiner beruflichen Erfahrung. (sma)

DAS GEWISSE ETWAS

Zu den „nice to have“, die die Herzender Kundschaft im Luxussegment höherschlagen lassen, gehören für Altbaufans Stuckdecken, antike Öfen oder Supraporten. Die Anhänger moderner Dachausbauten sind unter anderem mit Rooftop-Pools samt Stephansdom- oder Stadtparkblick zu beeindrucken. Immer geschätzt wird ein prächtiges Entree, und auch ein klingender Name, ein prominenter Bauherr oder Architekt, schaden nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2019)

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