Wieso rationale Strafrechtspolitik schwierig ist

Auch Justizwachebeamte sind emotional extrem gefordert.
Auch Justizwachebeamte sind emotional extrem gefordert. (c) Clemens Fabry
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Emotionen zu beherrschen, die von Straftaten befeuert werden, ist eine große Herausforderung.

Wien. Vorige Woche hat die Regierung ein Paket beschlossen, das neben großteils begrüßenswerten Maßnahmen in den Bereichen Opferschutz und Prävention eine Reihe von Strafverschärfungen im Bereich von Sexualstraftaten vorsieht. Wissenschaftler und Repräsentanten verschiedener Organisationen (v. a. Frauenhäuser, Weißer Ring, Richtervereinigung, Rechtsanwaltskammertag, Strafverteidiger) bezeichneten das Vorhaben als sinnlos bis kontraproduktiv. Sinnvoller wäre der Ausbau präventiver Maßnahmen und Verbesserungen in der Rechtsanwendung.

Stichwort

Rationale Strafrechtspolitik. Etliche der Kritiker waren vor zwei Jahren an der Ausarbeitung der  „Zehn Gebote guter Kriminalpolitik“ beteiligt. Das 1. Gebot lautet: „Gute Kriminalpolitik ist rationale Kriminalpolitik. Sie schützt Menschen und Rechtsgüter und vermittelt Verständnis für maßvolle und differenzierte Reaktionen.“

Rationale Strafrechtspolitik bedeutet, den Emotionen, die Straftaten hervorrufen, Rechnung zu tragen. Starken Gefühlen wie Angst und Furcht, Ärger, Wut, Ekel, Entsetzen begegnet man nicht dadurch konstruktiv, dass man diese Emotionen weiter befeuert oder hektisch agiert, in Aktionismus verfällt und vorschnell einfachen Lösungen, die zumeist nicht die richtigen sind, verfällt. Konstruktiver Umgang mit der Emotionalität, die durch Kriminalität und Straftaten stimuliert wird, erfordert:
• eine aufmerksame, einfühlsame und zugleich faktenbasierte Kommunikationspolitik;
• eine profunde Analyse der Hintergründe und Kausalfaktoren von aufsehenerregenden Einzelfällen wie von besorgniserregenden zahlenmäßigen Entwicklungen;
• Überlegungen, wie das Strafrechtssystem in seiner Gesamtheit mehr Schutz bieten kann durch Verbesserungen in der Rechtsanwendung und vor allem auch in der Kooperation aller Akteure;
• Thematisierung der Bedeutung kriminalpräventiver Maßnahmen in anderen Politikfeldern (Soziales, Bildung, Migration, Integration);
• nur wenn solche Schritte nicht ausreichen, sorgfältig vorbereitete und einem profunden Begutachtungsverfahren unterzogene legistische Veränderungen.

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