In Paris und anderen Städten finden Dienstagabend große Kundgebungen unter dem Motto "Ça suffit!" statt: "Es reicht!". Präsident Macron besucht einen geschändeten jüdischen Friedhof.
Nach dem massiven Anstieg antisemitischer Übergriffe hat Frankreichs Premierminister Édouard Philippe zu einem entschlossenen Eintreten gegen Judenfeindlichkeit aufgerufen. Der Antisemitismus sei "sehr tief in der französischen Gesellschaft verankert", sagte Philippe am Dienstag der Zeitschrift "L'Express".
Unter dem Motto "Es reicht" ("Ça suffit!") wollen Vertreter fast aller französischen Parteien am Dienstagabend bei Kundgebungen in mehreren Städten ein Zeichen setzen. Der Kampf gegen den Antisemitismus müsse "total entschlossen" geführt werden, sagte Philippe mit Blick auf den Anstieg der Übergriffe um 74 Prozent im vergangenen Jahr. Erst am Wochenende war der jüdische Philosoph Alain Finkielkraut am Rande einer "Gelbwesten"-Demonstration beleidigt worden. Der Vorfall zog eine Welle der Verurteilungen bis hin zu Präsident Emmanuel Macron nach sich.
Große Kundgebung
Mehr als die Hälfte der Regierungsmitglieder und Vertreter fast aller politischer Parteien wollen deshalb am Dienstagabend gemeinsam zu einem Ende der Intoleranz aufrufen. Die zentrale Kundgebung ist ab 19 Uhr am Pariser Platz der Republik geplant. Zuvor wollen sich die Spitzen des französischen Parlaments in einer "symbolischen Geste" an der Holocaust-Gedenkstätte im Zentrum der Hauptstadt versammeln.
Vertreter von rechtspopulistischen und rechtsnationalen Parteien nehmen an den Kundgebungen nicht teil. Die Nationale Sammlungsbewegung (Rassemblement National) von Marine Le Pen kündigte eine eigene Veranstaltung an.
Macron besucht jüdischen Friedhof
Präsident Macron besuchte am Dienstag den jüdischen Friedhof von Quatzenheim, wo Gräber geschändet worden waren. Der Staatschef sicherte zu, dass der Staat auf diese Taten reagieren werde. Unterdessen forderte ein israelischer Minister die französischen Juden zur Auswanderung nach Israel auf.
"Wir werden Maßnahmen ergreifen, wir werden Gesetze entscheiden, und wir werden bestrafen", sagte Macron. Auf dem Friedhof der Gemeinde nordwestlich von Straßburg waren rund 80 Gräber geschändet worden, wie die Präfektur des französischen Départements Bas-Rhin berichtete. Auf TV-Bildern waren farbige Hakenkreuze auf Grabmälern zu sehen. Die Hintergründe der Tat blieben zunächst offen. Präfekt Jean-Luc Marx sprach von einer "abscheulichen antisemitischen Tat".
Die am Dienstag bekannt gewordene Schändung des Friedhofs rufe "Erinnerungen an die dunklen Zeiten in der Geschichte der Juden" hervor, erklärte der israelische Einwanderungsminister Joav Gallant. Die jüdische Gemeinde sei in Frankreich "antisemitischen Attacken" ausgesetzt, fuhr er fort. "Ich rufe die Juden auf: kommt heim, emigriert nach Israel."
(APA/AFP/dpa)