Lkw-Sicherheitsgipfel: Verpflichtender Abbiegeassistent kommt offenbar nicht

LKW SICHERHEITSGIPFEL: HOFER
LKW SICHERHEITSGIPFEL: HOFERAPA/ROLAND SCHLAGER
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Teilnehmer des Gipfels haben dieses Ergebnis durchklingen lassen. Der Initiator der Petition zeigte sich erschüttert. Die überreichten 68.620 Unterschriften konnten Verkehrsminister Hofer offenbar nicht umstimmen.

Nach dem Lkw-Sicherheitsgipfel am Dienstag im Verkehrsministerium haben mehrere Teilnehmer vor einer Pressekonferenz von Ressortchef Norbert Hofer (FPÖ) durchklingen lassen, dass es zu keiner Einführung von verpflichtenden Abbiegeassistenten bei Schwerfahrzeugen kommt. Die Wiener Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) betonte etwa, der Gipfel "war nett, aber nett ist nicht genug".

Helge Fahrnberger, Initiator der Petition zur Einführung eines verpflichtenden Lkw-Abbiegeassistenten, meinte: "Ich bin erschüttert, die schlimmsten Befürchtungen sind übertroffen worden". Der nächste tote Fußgänger, das nächste tote Schulkind gehe auf Minister Hofer, so Fahrnberger. Die österreichischen Nutzfahrzeugimporteure und der Fachverband der Fahrzeugindustrie begrüßten dagegen in einer Aussendung die Resultate des Gipfels.

VCÖ: Assistenten-Freiwilligkeit reicht nicht

Die nach dem Gpfel präsentierten Maßnahmen seien "höchstens ein kleiner Schritt, dem noch weitere und vor allem wirksamere Schritte für mehr Sicherheit folgen müssen", betonte der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) in einer Aussendung. Um die Sicht im Kreuzungsbereich zu verbessern, sei das Halte- und Parkverbot vor Schutzwegen von derzeit fünf auf zehn Meter auszudehnen.

Wichtig sei die Schaffung gesetzlicher Grundlagen zur Umsetzung von einem innerstädtischen Fahrverbot für gefährliche Lkw nach Londoner Vorbild, forderte der VCÖ. Österreichs Regierung und EU-Abgeordnete könnten durch ihren Einsatz erreichen, dass die verpflichtende Ausrüstung von neuen Lkw mit Abbiegeassistenten früher als derzeit geplant in Kraft tritt. Freiwilligkeit bei der Nachrüstung reiche nicht aus.

Der ÖAMTC begrüßte den ganzheitlichen Ansatz, den Toten Winkel unter anderem mit Hilfe von Kampagnen, Förderungen und Verkehrssicherheitsprogrammen bewusst zu machen. Präsentiert wurde auch die Absicht, zusätzliche Spiegel im Ampelbereich anzubringen. Diese sollen Lkw-Fahrern helfen, den Toten Winkel vor und neben ihrem Fahrzeug besser einzusehen. Ob die Spiegel tatsächlich helfen, hänge jedoch von der Position des Lkw, der Witterung und den Lichtverhältnissen ab, betonte der Club.

Petition an Hofer übergeben

Bei der Sitzung hatten Experten über die Einführung der Abbiegeassistenten berate.n Auch wurden Ergebnisse aus einem Pilotprojekt vorgestellt. 20 Fahrzeuge wurden hierfür 2017 mit einem "Toter-Winkel-Assistenzsystem" ausgerüstet. Neben Experten aus Verkehrs- und Innenministerium waren auch Vertreter von Arbeiter- und Wirtschaftskammer, Autofahrerklubs, Verkehrsclub Österreich (VCÖ), Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) sowie die Verkehrssprecher der Nationalratsklubs und die Verkehrsstadträte aller Landeshauptstädte zum Gipfel geladen.

Zuvor wurde eine Petition mit 68.620 Unterschriften, die sich für die möglichst rasche Einführung von Lkw-Abbiegeassistenten ausspricht, von Schulkollegen des Neunjährigen, der Ende Jänner in Wien bei einem Unfall getötet wurde.

"Lieber Herr Hofer, schützte uns vor dem toten Winkel" und "mach die Lastwagen sicherer" forderten die Kinder der dritten Klasse der Volksschule Landstraßer Hauptstraße. "Wir werden versuchen, die Lkw sicherer zu machen" und "wir werden uns sehr anstrengen", versprach Hofer den Schülern. Für Mit-Initiatorin der Petition, Hanna Schwarz, ist der Gipfel nur dann ein Erfolg, "wenn der verpflichtende Abbiegeassistent kommt", sagte sie bei der Übergabe der Unterschriften.

Siebenjähriger präsentiert Lego-Modell

Während mehr als 40 geladene Experten im Anschluss die Sitzung starteten, demonstrierten Kinder in der Lobby des Ministeriums, wie einfach Abbiegeassistenten funktionieren können. Ein Siebenjähriger hatte einen solchen aus Lego gebaut - mit einem programmierbaren Roboticset. Gesteuert wird der Lkw via Tablet, am Fahrzeug ist ein Sensor angebracht. Befinden sich Fußgänger oder Radfahrer im Bereich des toten Winkels, ertönt ein Signal, der Lkw wird automatisch gebremst. Der Schüler der zweiten Klasse der Volksschule Kleine Sperlgasse zeigte seinen Lego-Roboter-Lkw mit funktionierendem Abbiegeassistenten den anderen Schülern sowie Medienvertretern.

Ein Siebenjähriger präsentierte ein Lego-Modell
Ein Siebenjähriger präsentierte ein Lego-ModellAPA/ROLAND SCHLAGER

Was mit Lego so einfach funktioniert, soll auch bei "großen Lkw" umgesetzt werden. "Lkw sollen einen empfindlichen Sensor haben und ein Geräusch, dass der Fahrer weiß, dass er stehen belieben muss", sagte der Siebenjährige. Am besten fände er es, wenn Lkw - wie bei seinem Lego-Modell - automatisch abgebremst werden, wenn sich jemand im toten Winkel befindet.

(APA)

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