Der Kanzler wird heute von Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Kritik an dem Termin tritt er im Vorfeld entgegen. Bereits am Dienstag wurde Kurz von US-Außenminister Mike Pompeo empfangen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird am heutigen Mittwoch als erster österreichischer Regierungschef seit über 13 Jahren im Weißen Haus empfangen. Nach seinem Eintreffen in Washington trat der Kanzler Kritik am Termin bei US-Präsident Donald Trump entgegen. Gerade wegen der politischen Differenzen mit den USA sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben, sagte er am Dienstagabend (Ortszeit).
Kurz sollte am Mittwochnachmittag (Ortszeit) mit Trump zusammentreffen. Nach dem offiziellen Plan war für 13.45 Uhr (19.45 Uhr MEZ) die Begrüßung durch den US-Präsidenten am Eingang zum Westflügel des Präsidentensitzes angesetzt. Danach sollte sich Kurz im Roosevelt Room ins Gästebuch eintragen, ehe das Gespräch im Oval Office beginnen sollte. Dieses sollte von 13.50 bis 14.50 Uhr dauern, wobei zu Beginn auch ein Vier-Augen-Gespräch der beiden Spitzenpolitiker eingeplant war. Es wird erwartet, dass sie sich zum Auftakt gegenüber der anwesenden Presse äußern werden.
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Kritik der Opposition
SPÖ und Neos hatten den Kanzler im Vorfeld der Visite kritisiert, weil er sich anerkennend über die Außenpolitik Trumps geäußert hatte. Neos-EU-Spitzenkandidatin Claudia Gamon forderte den Kanzler am Dienstag auf, Trump "die Stirn zu bieten". SPÖ-Nationalratsabgeordneter Hannes Jarolim schrieb Trump einen Brief, in dem er ihn scharf kritisierte und unter anderem Kriegstreiberei vorwarf. Schon am Wochenende hatten sich die beiden Parteien an einer Aussage des Kanzlers gegenüber der "Presse" entzündet, wonach Trump eine "zum Teil sehr erfolgreiche Außenpolitik" führe. Die SPÖ hatte dies als Lob für Trump interpretiert.
Kurz hielt sich im Vorfeld des Treffens mit Kritik an Trump zurück, hob aber zugleich die vielen politischen Differenzen zwischen den USA und Österreich hervor. "Es gibt sehr viele Themen, wo wir unterschiedlicher Meinung mit den USA sind und auch deshalb oder gerade deswegen sollte man Gespräche führen", sagte er.
»Auf einen Termin mit Donald Trump kann man sich nicht wirklich vorbereiten.«
Sebastian Kurz
Hauptanliegen ist Kurz, einen "Handelskrieg" zwischen den USA und der EU abzuwenden. Um sich diesbezüglich abzustimmen, telefonierte Kurz am Montagabend mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der im vergangenen Juli in Gesprächen mit Trump im Weißen Haus den Konflikt um US-Strafzölle gegen Stahl und Autoproduzenten entschärfen konnte. Der Kanzler rechnet nach eigenen Angaben auch damit, dass die US-Seite die Frage der Rückführung von europäischen IS-Kämpfern aus Syrien ansprechen wird. Österreich sei diesbezüglich zurückhaltend, weil der Schutz der einheimischen Bevölkerung Priorität habe.
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Vor seinem Abflug hatte Kurz betont, dass ein Treffen mit dem US-Präsident "etwas Besonderes" sei, er aber nicht nervös sei. In Anspielung auf den sprunghaften Charakter Trumps fügte er hinzu: "Auf einen Termin mit Donald Trump kann man sich nicht wirklich vorbereiten."
Abendessen mit Pompeo: "Viele Sachfragen, die uns trennen"
Am Dienstagabend (Ortszeit) war Kurz von US-Außenminister Mike Pompeo empfangen worden. Thema war dabei der Nahost-Konflikt. Wie Kurz den mitreisenden österreichischen Journalisten berichtete, sei es bei dem Diner im State Department um die Situation im Nahen Osten gegangen, "wo die USA wieder an einer Lösung arbeiten und wahrscheinlich noch in diesem Halbjahr einen Vorschlag präsentieren werden". Kurz begrüßte die Aktivitäten der USA im Nahost-Konflikt. Es sei "immer positiv", wenn diese einen Vorschlag präsentierten. Pompeo habe auch über die Korea-Frage berichtet, in der er persönlich sehr aktiv sei. Im Verhältnis zwischen EU und USA gebe es indes "viele Sachfragen, die uns trennen", räumte der Kanzler ein. Allerdings erinnerten die beiden Spitzenpolitiker auch an Zeiten, in denen die Beziehungen zwischen Wien und Washington besonders fruchtbar waren: Kurz übergab Pompeo ein Buch mit dem Titel "The Marshall Plan. Saving Europe, Rebuilding Austria", in dem eine umfassende Bilanz über das US-Programm zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg gezogen wird.
Vor dem Termin im Weißen Haus wollte der Kanzler am Mittwoch noch Vertreter jüdischer Organisationen wie den Direktor des American Jewish Committee (AJC), David Harris, und Rabbi Arthur Schneier. Am Abend war dann ein privates Essen im Haus von Trumps Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner geplant, der sich seit Monaten mit der Suche nach Lösungen im Nahost-Konflikt beschäftigt. Am morgigen Donnerstag, dem letzten Tag der US-Reise, wollte Kurz noch den Spitzen der internationalen Finanzinstitutionen in Washington, Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF), einen Besuch abstatten.
(APA)