Frauen, die ihr Recht erkämpften

Clara Zetkin (M.) mit den Politikerinnen Lore Agnes und Mathilde Wurm 1919.
Clara Zetkin (M.) mit den Politikerinnen Lore Agnes und Mathilde Wurm 1919.ORF/NGF Geyrhalterfilm/Bundesarchiv Deutschland
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Beate Thalberg hat ein „Universum History“ zu 100 Jahren Frauenwahlrecht gestaltet. Ein Gespräch über mutige Vorkämpferinnen – und darüber, was immer noch nicht erreicht ist.

Viel hatten Clara Zetkin, Adelheid Popp und Hildegard Burjan zunächst nicht gemein. Und doch sollten sie Seite an Seite für dieselbe Sache kämpfen: gegen die Ungleichbehandlung, für fairen Lohn und das Wahlrecht, das den Frauen erst 1919 zuerkannt wurde. „Adelheid Popp kam aus tiefster Armut und hatte am eigenen Leib erlebt, was es bedeutet, wenn man keine Chance hat“, erzählt Regisseurin Beate Thalberg, die für den ORF-Programmschwerpunkt zum Frauenwahlrecht ein „Universum History“ gestaltet hat. Popp, die Gründerin der proletarischen Frauenbewegung, habe schon früh in der Fabrik schuften müssen. Gelernt wurde abends. „Sie war das Idealbild der Sozialdemokratie: Aufstieg durch Bildung. Eine Herzeigefrau, aber sehr österreichisch – also kompromissbereit.“
Hildegard Burjan, die spätere Gründerin der Caritas Socialis, setzte hingegen ihren Willen den Männern gegenüber mit freundlicher Hartnäckigkeit durch. Sie entstammte dem jüdischen Großbürgertum, war gebildet und sammelte von pikierten Damen beim Teekränzchen Geld für die Armen. „Sie hat das selbst beschrieben, wie dort Totenstille herrschte – und das Herabfallen der Münzen war laut wie eine Explosion, weil alle so peinlich berührt waren.“Burjan habe nirgends dazugehört, sagt Thalberg. „Eine Deutsche in Österreich – das kann ich nachvollziehen. Eine Jüdin, die glaubt, jetzt muss sie Katholikin sein – der glauben wir doch kein Wort! Und sie hatte es nicht leicht bei den Arbeiterinnen: Diese reiche Schnepfe, was will die uns schon erzählen?“

Und Clara Zetkin? „Die kenne ich, seit ich laufen kann“, lacht Thalberg. Die Film- und Theaterregisseurin, die bei 3sat Redakteurin ist, stammt aus der DDR: „Zetkin auf dem Zehn-Mark-Schein, Zetkin auf der Briefmarke, Clara-Zetkin-Schule, Clara-Zetkin-Straße – sie war eine Ikone in der DDR.“ Dort nennt man sie ob ihrer Kompromisslosigkeit „Clara Radikalinskaja“: „Sie stand für ihre Prinzipien, ohne sich zu schonen.“

„Papamonat ist lächerlich“

Immer wieder beschäftigt sich Thalberg mit starken Frauen (u. a. in „Die Königin von Wien – Anna Sacher und ihr Hotel“, 2016). Mit 25 verließ sie die DDR, knapp nach der Wende, „enttäuscht von meinen Leuten“, wie sie sagt. Sie sei „hoch politisiert“ gewesen. So wie Clara Zetkin wurde auch sie einmal in Leipzig verhaftet. „Ich habe mit 22 Jahren Flugblätter mit der Hand gemalt, weil wir keine Druckmöglichkeit hatten.“

Es sei kaum zu fassen, dass manche Forderungen von vor 100 Jahren noch immer nicht erfüllt sind: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – warum eigentlich nicht? Das kann man festlegen wie eine Verkehrsregel!“ Die 30-Prozent-Frauenquote in Aufsichtsräten mache sie „richtig sauer“ – zu wenig, zu spät. „Den Papamonat finde ich lächerlich! Und wenn einer das macht, dann sind alle ganz begeistert.“ In der DDR sei es üblich gewesen, dass Frauen selbstbewusst agieren. Und selbstverständlich, dass sie arbeiten. Als sie dann nach Österreich kam, habe sie diesbezüglich einen „Kulturschock“ erlebt: Es fehlten hier die Atomwissenschaftlerinnen, Traktorfahrerinnen, hohen Ingenieurinnen, die sie aus der DDR kannte. Zumindest diesbezüglich hätte sich der Westen von Osteuropa etwas abschauen können. „Stattdessen sind wir zurückgefallen – und fangen bei null wieder an.“

„Universum History“: „Die Unbeugsamen“, 21.2., 21.05 Uhr, ORF 2; danach: „ZiB 2 History“ zum Thema.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2019)

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