Donald Trumps Space Force: Ein neuer Helm für alte Krieger

US-Präsident Trump möchte eine Weltraumarmee gründen.
US-Präsident Trump möchte eine Weltraumarmee gründen.APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Die von US-Präsident Trump initiierte Gründung einer „Weltraumarmee“ klang spektakulär. Von Kriegsraumschiffen, neuen Raketen oder Space Marines kann aber keine Rede sein – in Wahrheit geht es bloß um die Fusion bestehender Einheiten zu einer neuen Teilstreitkraft.

Washington/Wien. Nein, es hat (auf absehbare Zeit) nichts mit der Stationierung bewaffneter Satelliten in Erdumlaufbahnen zu tun. Es werden keine Raumschiffe mit Raketen und Laserkanonen aufkreuzen und keine Space Marines, die fremde Satelliten untersuchen und anzapfen wollen oder sich Kämpfe mit feindlichen „Kosmo-Kriegern“ liefern.

Bilder wie diese haben manche Medienberichte über die von US-Präsident Donald Trump initiierte Gründung einer Teilstreitkraft für das All namens Space Force ab 2020 begleitet oder im Kopf hervorgerufen. Das ist freilich irrig: Was Trump mit dem Projekt, über das schon 2001 eine Kommission gebrütet hat und das noch das Ja des Kongresses benötigt, lostrat, ist grosso modo eine organisatorische Neuordnung: Alle Aktivitäten mit operativem und/oder technischem Bezug zum All (vor allem über Satelliten und Bodenstationen), die von den Teilstreitkräften Armee, Luftwaffe und Marine gemanagt werden, sollen in einer neuen Teilstreitkraft strukturell und befehlskettenmäßig fusionieren. Dabei geht es vor allem um das, was Militärs mit C3I abkürzen, also Command, Control, Communications und Intelligence. Simpler gesagt sind es Dinge wie Kommando und Kontrolle über Einheiten, Kommunikation, Aufklärung und Überwachung, Lageverfolgung, Navigation, Frühwarnung, Zielerfassung, Raumtransporte und die Überwachung des erdnahen Alls.

In den Bereichen sind Berichten zufolge bis zu 60 Organisationen und Stellen in Militär und Geheimdiensten tätig. Für das Gros ist, gemessen am Budget, seit Langem die Air Force zuständig, die Rede ist von rund 80 Prozent. Dort war 1982 das Air Force Space Command (AFSPC) gegründet worden. Eine Untereinheit davon kontrolliert beispielsweise das gesamte Netz an GPS-Satelliten.

Nicht erfasst von der Space Policy Directive 4 sind vorerst die Kontrolle über Atomwaffen, die Cyberkriegsführung sowie der mächtige Komplex der Raketenabwehr.

Laut Direktive sollen also das AFSPC mit seinen Dutzenden Satelliten und sechs Basen in Colorado, Kalifornien und Florida mit den Weltraumkräften der Army (1st Space Brigade plus ein Bataillon), Navy (u. a. das Space and Naval Warfare Systems Command in San Diego) und anderer Stellen die Space Force bilden. Es geht um Zehntausende Mitarbeiter. Das National Reconnaissance Office NRO – der Militärgeheimdienst für Satellitenaufklärung – bleibt vorerst autark.

Ziel: Ein echter „Weltraum-Korpsgeist“

Die Space Force ist also ein Rahmen für Kräfte, die schon da sind. Und übrigens keine total autonome Teilstreitkraft: Sie soll quasi im Mantel der Air Force sein, politisch im Pentagon dem Luftwaffenminister unterstellt – aktuell Heather Wilson, einer Republikanerin, die einst für New Mexico im Kongress saß. Das Modell entspricht dem des Marine Corps, das nominell ebenfalls autonome Teilstreitkraft ist, aber im Pentagon neben der Navy auf den Marineminister hört.

Die Sache klingt sperrig und ist es auch. Jedenfalls müsse zuerst, sagt Luftwaffen-Stabschef General David Goldfein, eine oberste Kommandoebene geschaffen werden, mit Vizeminister, Stabschef und bis zu 200 Mitarbeitern. Ab 2021 könnten dem Kommando bestehende Weltraumkräfte zugeschoben werden, und es würde größer, die Rede ist von 500 bis 1000 Mann. Total könnte die Space Force bis 2024 je nach Quelle mehr als 10.000 Mitarbeiter umfassen, möglicherweise müsse man Tausende Mitarbeiter mit Fachwissen von extern anwerben.

Begründet wird die Space Force mit effektiverer, einheitlicher Nutzung der Kapazitäten, da nur so eine Truppe mit spezifischem „Weltraum-Korpsgeist“ geschaffen werden könne, und mit ähnlichen Institutionen in China und Russland, die diesbezüglich als Gegner gelten, wie auch Trump betonte. Über die Extrakosten des Projekts, das sich nur langsam und kompliziert wird entwickeln können, kursieren Zahlen zwischen 64 und mehr als 200 Millionen Dollar für die Startphase. Eine Schätzung nannte 13 Milliarden Dollar über fünf Jahre, allerdings wären das großteils ohnehin anfallende Kosten.

Das Pentagon will die ersten Pläne in einigen Wochen dem Kongress vorlegen. Dort haben im Repräsentantenhaus die Demokraten die Mehrheit; ob die Space Force abheben wird, steht daher in den Sternen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2019)

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