Kurz und IWF-Chefin Lagarde sprechen sich für freien Handel aus

IWF-Chefin Christine Lagarde und Bundeskanzler Sebastian Kurz.
IWF-Chefin Christine Lagarde und Bundeskanzler Sebastian Kurz. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Zeiten bleiben herausfordernd. Wichtige Handelspartner wie Deutschland hätten eine "sehr schlechte Vorhersage". Dazu kämen die Unsicherheit durch den Brexit und den "potenziell drohenden Handelskrieg mit den USA".

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat zum Abschluss seines dreitägigen US-Besuchs am Donnerstagvormittag die Spitzen der internationalen Finanzinstitutionen in Washington besucht. Mit der Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sei er sich einig in der Unterstützung für freien und fairen Handel gewesen, teilte der Kanzler auf Twitter mit.

Bei der Weltbank traf Kurz mit der geschäftsführenden Präsidentin Kristalina Georgiewa zusammen. Begleitet wurde er von Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP), der am gestrigen Mittwoch auch am Treffen mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus teilgenommen hatte.

Im Zentrum der Gespräche sei die wirtschaftliche Entwicklung gestanden, berichtete Kurz. Österreich sei beim Wirtschaftswachstum "gottseidank in einer sehr guten Situation im internationalen Vergleich". Negativ sei aber, dass sich die Konjunktur in einigen Ländern eintrübe, und es insbesondere für den wichtigsten Handelspartner Deutschland "eine sehr schlechte Vorhersage" gebe. Dazu kämen die Unsicherheit durch den Brexit und den "potenziell drohenden Handelskrieg mit den USA". "In Summe führt das dazu, dass die Zeiten weiter herausfordernd bleiben und wir uns weiter anstrengen müssen."

Konjunkturimpulse durch steuerliche Entlastung

Kurz bekräftigte vor diesem Hintergrund die Entlastungs- und Deregulierungspolitik der Bundesregierung. Es gelte darum, die "positive Dynamik" beim Wirtschaftswachstum zu stützen, indem Unternehmen unterstützt werden, nannte Kurz konkret auch die umstrittene Arbeitszeitflexibilisierung. Konjunkturimpulse erwartet er sich auch von der geplanten steuerlichen Entlastung von kleinere und mittleren Einkommen, weil dieses Geld "sehr schnell und direkt in den Konsum fließt".

Kurz berichtete auch, dass IWF-Chefin Lagarde die österreichische Budgetpolitik gelobt habe und es heuer erstmals seit sechs Jahrzehnten einen administrativen Budgetüberschuss geben werde. "Schulden zu machen ist immer einfacher als zu sparen", sagte Kurz. Das Lob von Lagarde sei aber Grund, "unseren Weg fortzusetzen".

Mahrer zeigte sich in einem Pressestatement ebenfalls erfreut über das Lob seitens der internationalen Finanzinstitutionen und hob insbesondere hervor, dass seitens des IWF auf die im Vergleich geringe soziale Ungleichheit in Österreich hingewiesen worden sei. Zugleich ließ er für den Fall einer Wirtschaftskrise den Wunsch nach Unterstützungsmaßnahmen erkennen. Man werde "gemeinsam mit der Bundesregierung beraten, ob es im Fall des Falles Maßnahmen brauchen würde, um Investitionen zu stützen".

Reformbedarf bei den Welthandelsregeln

Der USA-Besuch findet unter dem Eindruck des Handelsstreits zwischen den USA und Europa statt. Trump machte beim Treffen mit Kurz am Mittwochnachmittag (Ortszeit) im Weißen Haus deutlich, dass er die angedrohten Strafzölle gegen die europäische Autoindustrie verhängen werde, wenn keine Handelsvereinbarung mit der EU zustande komme. Wie US-Botschafter Trevor Traina im Anschluss an das Treffen mitteilte, sprach Trump mit Kurz so, "als ob er mit Europa spräche". Trump hoffe, dass Kurz die Botschaft in der EU verbreiten und auch eine Antwort "organisieren" könne.

Kurz äußerte Verständnis für die US-Anliegen und räumte Reformbedarf bei den Welthandelsregeln ein, bekräftigte aber die österreichischen Positionen und die Unterstützung für den von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geführten Verhandlungsprozess. "Ich hoffe, dass wir hier schnell eine Lösung finden", sagte Kurz, der vor Jobverlusten etwa in der österreichischen Autozulieferindustrie warnte. US-Zölle würden "in der Sekunde" Jobs in Österreich kosten, mahnte er.

Der Kanzler, der am Freitagvormittag in Wien erwartet wurde, hatte in Washington unter anderem auch Vertreter jüdischer Organisationen, US-Außenminister Mike Pompeo und Handelsminister Wilbur Ross getroffen. An das Vier-Augen-Gespräch mit Trump im Oval Office schloss am Mittwoch ein Delegationsgespräch an, an dem auch Vizepräsident Mike Pence, Pompeo, Energieminister Rick Perry, Trumps Stabschef Mick Mulvaney, Sicherheitsberater John Bolton, Wirtschaftsberater Larry Kudlow und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner teilnahmen. Kushner gab am Mittwochabend gemeinsam mit seiner Frau Ivanka Trump ein privates Abendessen für Kurz.

(APA)

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