Sozialministerium streicht Frage aus Mikrozensus der Statistik Austria

MINISTERRAT: HARTINGER-KLEIN
MINISTERRAT: HARTINGER-KLEINAPA/HANS PUNZ
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Der Mikrozensus der Statistik Austria steht jedes Jahr unter einem übergeordneten Thema - heuer geht es um Arbeitszeit. Hartinger-Klein ließ nun Fragen zu All-In-Verträgen und Zufriedenheit streichen.

Im nächsten Mikrozensus, einer von der Statistik Austria organisierten Befragung bei knapp 50.000 Österreichern, wird es keine Spezialfragen zu All-In-Verträgen und zur Zufriedenheit mit der Arbeitszeit geben. Diese seien zwar ursprünglich vorgesehen gewesen, Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) habe sie aber für überflüssig gehalten und gestrichen, schreibt der "Standard".

Der Mikrozensus findet pro Quartal statt, das übergeordnete Thema wird im EU-Gleichklang vorgegeben. 2019 seien es Arbeitszeit und Arbeitsorganisation, schreibt der "Standard". Abgefragt werde etwa, ob sich Arbeitnehmer kurzfristig freinehmen können, wie oft Überstunden anfallen, wie die Arbeitszeitaufzeichnungen aussehen.

Jeder Staat habe aber auch die Möglichkeit, zusätzliche Details abzufragen. Dabei sei im Vorjahr zwischen Sozialministerium und Statistik Austria vereinbart worden, fünf Zusatzfragen zu stellen. Eine davon lautete: "Besteht in Ihrem Arbeitsvertrag eine Vereinbarung, dass Überstunden pauschal abgegolten werden, wie z. B. ein All-in-Vertrag oder eine Überstundenpauschale?" Eine andere war: "Passt Ihre Arbeitszeitgestaltung im Allgemeinen sehr gut, ziemlich gut, weniger gut oder gar nicht gut zu Ihren persönlichen Lebensumständen?" Auch Fragen zur Teilzeit und dazu, wie lange Dienstpläne im Vorhinein bekannt sind, waren bereits im fertig erstellten Fragebogen enthalten. Sie seien aber in der Verordnung des Sozialministeriums, die Basis der Umfrage ist, nicht erwähnt worden und können daher auch nicht gestellt werden.

"Grundsatz sparsamer Mittelverwendung"

Dem "Standard" gegenüber begründete das Ministerium den Schritt schriftlich: "Bei der erwähnten Umfrage handelt es sich um Meinungen, aber nicht um notwendige Fakten für das Ministerium zum Thema Zufriedenheit mit Arbeitszeit. Daher und aus dem Grundsatz sparsamer Mittelverwendung wurde von einer Teilnahme abgesehen." Laut Standard hat das Stellen der Fragen zusätzliche Kosten von 40.000 bis 50.000 Euro verursacht.

Auch habe 2015 das damals von der SPÖ geführte Sozialministerium, als es zuletzt einen Schwerpunkt im Mikrozensus zum Thema Arbeit gab, genau diese Sachverhalte zusätzlich abfragen lassen (>>> "Die Presse" berichtete).

Seit 1. September 2018 ist ein neues Arbeitszeitgesetz in Kraft, das die Höchstarbeitszeit pro Tag auf 12 Stunden und pro Woche auf 60 Stunden anhebt. Die Gewerkschaften liefen und laufen Sturm dagegen und machen eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen geltend.

Zuletzt hat es eine heftige Debatte um eine Umstrukturierung der Statistik Austria und eine möglicherweise engere Bindung an die Regierung gegeben. Das Kanzleramt hat aber dementiert, dass die Statistik Austria oder ihre Kommunikationsabteilung in das Kanzleramt übergehen sollen. Vorschläge der Opposition, die Statistik Austria an den Nationalrat anzubinden, um ihre Unabhängigkeit zu garantieren, fanden bisher bei den Regierungsparteien keine Gegenliebe.

Drozda: "Statistik Austria wird zum Spielball für Regierung"

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda kritisierte in einer Aussendung, dass "die Statistik Austria zunehmend zum Spielball für die ÖVP/FPÖ-Regierung und ihre Message Control" werde und schreibt von einem "Maulkorb" für die Behörde. Drozda fürchtet eine Ansiedlung der Statistik Austria im Kanzleramt, solche Pläne wären ein "Schritt in Richtung illiberale Demokratie".

Kritik kommt auch von den Neos: "Nachdem Bundeskanzler Kurz versucht hat, die Kommunikation der Statistik Austria an sein Bundeskanzleramt zu binden, streicht Hartinger-Klein nun einzelne Fragen. Damit erreicht die Message Control bei der Statistik Austria einen neuen Höhepunkt," kritisiert Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker am Freitag. Es sei "eine Zumutung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wenn die Regierung im Detail kontrolliert, welche Zahlen, Daten, Fakten berichtet werden". Neos und SPÖ fordern wieder die Anbindung der Statistik Austria an das Parlament.

Die Liste JETZT kritisiert hingegen eine "Vereinnahmung und Bevormundung der Wissenschaften" - die es aber auch unter den Vorgängerregierungen schon gegeben habe, meint Sozialsprecherin Daniela Holzinger. Sie wünscht sich freie und unabhängige Universitäten und Forschungseinrichtungen. Kosten als Grund für die Streichung der Fragen lässt Holzinger nicht gelten, "vielmehr geht es darum, sich unbequeme Fragen und noch unbequemere Antworten zu ersparen", mutmaßt sie.

>>> Bericht auf "derstandard.at"

(APA)

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