Abschied nehmen von der Eindeutigkeit

In der das Projekt begleitenden Ausstellung im AIL zeigen Martin Reinhart und Virgil Widrich Positionen von knapp 30 Künstlern und Künstlerinnen zum Thema Wissen.
In der das Projekt begleitenden Ausstellung im AIL zeigen Martin Reinhart und Virgil Widrich Positionen von knapp 30 Künstlern und Künstlerinnen zum Thema Wissen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Künstlerische Forschung.Ein Kunstprofessor und ein Erfinder konzipierten eine aktualisierte Fassung von H. G. Wells' „World Brain“. Ihr Prototyp formt digitale Daten automatisiert zu flexiblem, nicht hierarchisch kategorisiertem Wissen.

Wissen ist Macht, besonders das Wissen darum, was wahr oder falsch ist. Da es für die Realität gehalten wurde, soll 1938 das Hörspiel „Der Krieg der Welten“ über die Invasion von Außerirdischen in den USA Zeitungen zufolge für eine Massenpanik gesorgt haben. Die Studie mit 135 Probanden, auf die sich die Medien damals bezogen, würde heute kaum mehr als wissenschaftlicher Beleg dafür gelten. Das Radiostück ist eine Adaption des gleichnamigen Science-Fiction-Romans des Schriftstellers H. G. Wells (1866–1946). Neben Jules Verne und Mary Shelley gilt er als Begründer des Genres. Als Sozialreformer und Soziologe beschäftigte sich Wells auch theoretisch mit der Macht des Wissens.

Jede Ordnung bewertet auch

Er wollte die Welt verbessern und verfolgte die Vision eines „World Brain“, einer neuen Art von Enzyklopädie, die den Menschen erlauben würde, universelle Informationsquellen zu nutzen. Im Vordergrund standen dabei weniger isolierte Fakten als viel mehr kohäsive Weltansichten. Der Vision des Autors zufolge würde ein „World Brain“ mehr zum globalen Frieden beitragen als jedes politische System. Aus heutiger Sicht scheint Wells in seinen Essays die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia oder das Internet an sich vorauszusagen. In der digitalen Praxis wird dort jedoch weniger ein für alle zugängliches, vermeintlich objektives Weltwissen bereitgestellt, vielmehr haben wir es heute in erster Linie mit einer gigantische Sammlung an Daten, einer Parallelwelt an Information, zu tun. Ihr Sortieren, Ordnen und Interpretieren hat Konsequenzen: Es erzeugt Wertigkeiten.

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