Rückschlag für Teslas „Massenauto“

Lackmängel, lose Verkleidung, knarzende Karosserie, eigenwillige Bordelektronik: Amerikanische Tester stellten dem neuen Tesla Model 3 ein verheerendes Zeugnis aus.
Lackmängel, lose Verkleidung, knarzende Karosserie, eigenwillige Bordelektronik: Amerikanische Tester stellten dem neuen Tesla Model 3 ein verheerendes Zeugnis aus.(c) REUTERS (Stephen Lam)
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US-Konsumentenmagazin empfiehlt, den Tesla 3, mit dem der US-Konzern den Elektroauto-Massenmarkt erobern will, wegen gröberer Qualitätsmängel nicht zu kaufen. Auch deutsche Autos flogen aus der Empfehlungsliste.

New York. Es sollte eigentlich der Durchbruch auf dem Massenmarkt werden: das Tesla Model 3. Der erste Stromer aus dem Hause Tesla, der unterhalb der preislich absoluten Luxuskategorie angesiedelt ist.

Doch jetzt häufen sich die Probleme: Die wirklich leistbaren Versionen (angekündigt war ein Auto, das auf dem US-Markt um die 35.000 Dollar kosten sollte) sind noch gar nicht erhältlich, bei den anderen gab es mehrere Lieferverzögerungen. Und ausgerechnet jetzt, da die ersten Model-3-Teslas auf die europäischen Märkte rollen, gab es daheim in den USA, wo die 3er-Teslas schon seit Längerem unterwegs sind, einen herben Rückschlag: Das wichtige US-Konsumentenmagazin „Consumer Reports“ strich das Elektro-Hoffnungsauto von seiner Top-Ten-Empfehlungsliste – und empfahl, den 3er aus dem Hause Tesla nicht zu kaufen.

Der Grund: Die berühmt gewordene Aussage des ehemaligen VW-Chefs Winterkorn bei Betrachtung eines koreanischen Konkurrenzprodukts („Da scheppert nix. Wieso können die das und wir nicht?“) wäre dem Automanager beim Testen des Tesla eher nicht in den Sinn gekommen. Amerikanische Tesla-Fahrer berichten schon nach wenigen Monaten Fahrzeit über schwerwiegende Qualitätsmängel.

So soll es „Probleme“ mit dem Lack geben, Verkleidung und Karosserie führten gelegentlich ein lautes und nerviges Eigenleben, lockere Schrauben empfinden Käufer eines Neuwagens in der 60.000-Euro-Kategorie auch nicht als besonders aufbauend. Zusätzlich sei die Elektronik nicht ganz mätzchenfrei. So beginne der Tesla manchmal ungefragt mit dem Abspielen von Musik und variiere die Lautstärke nach eigenem Gusto.

Aktienkurs gab nach

Die Tester von „Consumer Reports“ – einer Art amerikanischem Pendant zum hiesigen Verein für Konsumentenschutz – berichten auch selbst über grenzwertige Erfahrungen: Nach einer sehr kalten Nacht habe der Tester seinen Testwagen in der Früh mit Rissen in der Heckscheibe vorgefunden.

Für Tesla ist dieser Verriss ein herber Rückschlag. Sollte das Model 3 den Konzern doch endgültig aus der Luxusregion in den Massenmarkt führen – und damit die Zukunft des E-Auto-Pioniers absichern. Die Börse reagierte jedenfalls verschnupft: Nach Bekanntwerden des Rauswurfs aus der Top-Ten-Liste gaben die Aktien um 3,7 Prozent nach, erholten sich am Freitag vorbörslich aber wieder ein wenig.

Die Qualitätsmängel dürften in Zusammenhang mit den ernsten Anlaufschwierigkeiten bei der mit Massenproduktion offenbar noch nicht so vertrauten US-Firma liegen. So musste ein Teil der Produktion mangels ausreichender Werkshallen in eilig aufgestellte Zelte übersiedelt werden.

Tesla selbst gab bekannt, dass der Großteil der von „Consumer Reports“ dargelegten Probleme unterdessen behoben sei. Das Model 3, mit dem Tesla den Massenmarkt erobern will, kann seit mehr als zwei Jahren vorbestellt werden. Insgesamt waren deutlich mehr als eine halbe Million Vorbestellungen (für die eine Anzahlung von 1000 Dollar geleistet werden musste) eingegangen, womit der Erfolg die Erwartungen deutlich übertroffen hat. In der Zwischenzeit hat eine beträchtliche Anzahl freilich wieder storniert. Zurückgeführt wird das auf die Anlauf- und Lieferschwierigkeiten: Den potenziellen Kunden sei die Wartezeit zu lang geworden. Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass der kleine Tesla als 35.000-Dollar-Auto angekündigt worden war, derzeit und noch absehbare Zeit aber nur in den deutlich teureren Versionen zu haben ist. In Österreich steht der billigste Tesla derzeit mit rund 58.000 Euro in der Preisliste.

Auch VW und BMW betroffen

Bei den europäischen Autoherstellern dürfte sich die Schadenfreude über den Tesla-Rausschmiss freilich in Grenzen halten: Gleichzeitig flogen nämlich auch die BMW-5er-Reihe und der VW Tiguan aus der Liste. Auch wegen Qualitätsmängeln. Freilich nicht wegen scheppernder Verkleidungen und springenden Heckscheiben, sondern wegen pannenanfälliger Elektronik. Kleiner Trost: Der in den USA gefertigte BMW X3 kam dafür in die Wertung. (ag/ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2019)

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