In Wien gleichen alte Mietverträge Eigentumsverhältnissen. Wer im Gemeindebau wohnt, muss nicht einmal eine Kaution zahlen. Dafür nehmen befristete Verträge zu – für Berliner ein Fremdwort. In Berlin wollen Aktivisten Immobilienkonzerne enteignen. In Wien gibt es dafür kaum Sympathien. Ein Städtevergleich.
In Deutschland geht ein Gespenst um, und vielen ist nicht wohl dabei: Eine Bürgerbewegung um den Volkswirt Rouzbeh Taheri will große Immobilienkonzerne „vergesellschaften“. Im April startet dazu ein Volksbegehren, das Umfragen zufolge gute Chancen auf Erfolg hat. 200.000 Wohnungen sollen dem privaten Markt entzogen werden und in Gemeineigentum übergehen. Anstoß für die Bewegung sind die stark steigenden Mieten in der deutschen Hauptstadt. Allein im Vorjahr sind die Mieten laut Daten des Empirica-Instituts um 6,4 Prozent gestiegen. Arm ist Berlin mit 60 Milliarden Euro Schulden immer noch. Dass es sexy ist, hat sich herumgesprochen: Hochqualifizierte, Start-up-Gründer und Immobilieninvestoren haben sich in der Stadt breitgemacht und aus abgesandelten Viertel wie Kreuzberg und Neukölln schicke Hipster-Gegenden gemacht. Mit allen Folgen: Zwischen 2000 und 2017 schossen die Mieten in der deutschen Hauptstadt um 71 Prozent in die Höhe, zeigt der Wohnungsbericht der Investitionsbank Berlin.
Auch in Wien redet man über das Wohnen. Vor allem Junge, die neu auf Wohnungssuche sind, finden auf dem freien Markt kaum mehr etwas unter zehn Euro pro Quadratmeter (vor Steuern und Betriebskosten). Enteignungen fordert hierzulande aber niemand. Könnte die Idee zu uns herüberschwappen? Was haben Wien und Berlin beim Thema Wohnen gemeinsam – und was trennt sie? „Die Presse am Sonntag“ versucht einen Vergleich: