Papst: Missbrauch in Kirche skandalöser als anderswo

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Franziskus verspricht zum Abschluss des viertägigen Anti-Missbrauchsgipfels ein hartes Durchgreifen. Missbrauchsopfer sind vom Ergebnis des Treffens enttäuscht.

Papst Franziskus hat am Sonntag ein hartes Durchgreifen gegen Kindesmissbrauch versprochen. Kein Missbrauch dürfe jemals wie in der Vergangenheit vertuscht oder unterbewertet werden. "Sollte in der Kirche auch nur ein Missbrauchsfall ausfindig gemacht werden - was an sich schon eine Abscheulichkeit darstellt - so wird dieser Fall mit der größten Ernsthaftigkeit angegangen", sagte der Pontifex zum Abschluss des viertägigen Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan.

Der Weg zur Bekämpfung dieses Problems sei jedoch noch lang. "Trotz der getroffenen Maßnahmen und der erzielten Fortschritte bei der Verhinderung von Missbrauch ist ein wiederholtes und ständiges Bemühen um die Heiligkeit der Hirten nötig", so der Papst. Die Kirche bekräftige ihren festen Willen, "den Weg der Reinigung mit all ihrer Kraft fortzusetzen", sagte Franziskus.

Sexueller Missbrauch durch Geistliche in der katholischen Kirche wiege noch schwerer als in anderen Bereichen der Gesellschaft. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Die weltweite Verbreitung dieses Übels bestätigt, wie schwerwiegend es für unsere Gesellschaften ist, schmälert aber nicht seine Abscheulichkeit innerhalb der Kirche", sagte der Pontifex.

Papst will bald neue Anweisungen verkünden

Der Vatikan arbeitet an konkreten Initiativen gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche, die in Kürze verkündet werden sollen. Ein neues "Motu proprio", also eine Art kirchenrechtliche Entscheidung des Papstes, zum Schutz von Minderjährigen solle bald erscheinen, sagte Federico Lombardi, Moderator des Krisengipfels im Vatikan, am Sonntag.

Der Papst werde die Anweisungen "in unmittelbarer Zukunft" verkünden, sagte der Erzbischof von Malta, Charles Scicluna, der den Gipfel im Vatikan mit vorbereitet hatte.

"Wir waren zu selbstgefällig"

Die Vorsitzenden der 114 Bischofskonferenzen weltweit und weitere rund 70 Teilnehmern führten seit Donnerstag Gespräche, um Wege zu finden, sexuelle Misshandlungen von Kindern durch Geistliche zu verhindern. Für Österreich war der Wiener Erzbischof, Christoph Schönborn, anwesend. Viele Vorschläge und Ideen standen zur Diskussion, bindende Beschlüsse konnten die Teilnehmer auf der Konferenz nicht fassen. Auch eine Abschlusserklärung war nicht vorgesehen.

Mit einem Bußgottesdienst beendeten Papst, Bischöfe und Ordensobere ihr Krisentreffen zum Missbrauch in der Kirche am Samstagabend. "Wir bekennen, dass wir die Schuldigen geschützt und die Opfer zum Schweigen gebracht haben", sprach Neuseelands Kardinal John Dew eines von fünf Schuldbekenntnissen in der knapp einstündigen Andacht in der Sala Regia des Apostolischen Palastes.

Bischof Philip Naameh aus Ghana verglich seine Mitbrüder mit dem verlorenen Sohn des biblischen Gleichnisses. Wie diese hätten sie ihr Erbe verschleudert. "Wir waren zu selbstgefällig, uns mit den dunklen Seiten unserer Kirche auseinanderzusetzen", sagte Naameh in seiner Predigt.

Missbrauchsopfer erklärten sich über den Kinderschutzgipfel enttäuscht. Es würde an konkreten Ergebnissen am Ende der Konferenz fehlen. Opfervertreter bemängelten zudem, dass sie vom Papst nicht empfangen worden seien. Während der Konferenz hatten die Teilnehmer Videoaufnahmen mit Zeugnissen von Missbrauchsopfern gehört.

(APA/dpa)

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