Die deutsche Union geht auf Distanz zu Orbán

Das EU-Parlament in Straßburg.
Das EU-Parlament in Straßburg.APA/AFP/FREDERICK FLORIN
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CSU-Chef Söder lässt Zukunft von Orbáns Fidesz in der EVP offen. Ungarn attackierte Juncker erneut als angeblichen Soros-Gehilfen. Eine kroatische Kleinpartei verlässt wegen Orbán die EVP.

In den deutschen Unionsparteien wächst die Verärgerung über fremdenfeindliche Vorstöße der ungarischen Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán. Ein Verbleib von Fidesz in der europäischen konservativen Parteienfamilie EVP ist nach Ansicht von CSU-Chef Markus Söder keine ausgemachte Sache.

"Das wird sich am Ende zeigen", sagte er in München auf die Frage, ob Fidesz aus der Europäischen Volkspartei (EVP) ausgeschlossen werden solle. In Berlin ging auch die CDU-Führung auf Distanz zu Orban und seine Partei. Die Angriffe von Fidesz gegen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker entsprächen "in keinster Weise unserer Position", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Ein Ultimatum für den Ausschluss von Fidesz aus der EVP habe die CDU aber nicht beschlossen. Man habe "weder rote, grüne noch blaue Linien" für Orban gezeichnet, sagte Ziemiak.

Die Angelegenheit ist insbesondere für die deutschen Unionsparteien heikel, könnte doch ein Ausschluss von Fidesz die Chancen ihres Spitzenkandidaten Manfred Weber, EU-Kommissionspräsident zu werden, schmälern. Weber ist gemeinsamer Spitzenkandidat der EVP bei der Europawahl und will nach dem erwarteten EVP-Wahlsieg den Anspruch auf die Nachfolge Junckers an der Spitze der EU-Kommission stellen.

Bei einem Besuch in Prag bezeichnete Weber die Plakate der ungarischen Regierung als "inakzeptabel", wies aber zugleich die Forderung nach einem Ausschluss von Fidesz aus der europäischen Parteienfamilien zurück. Auch der Chef der tschechischen Christdemokraten (KDU-CSL), Pavel Belobradek, ist gegen einen Ausschluss. Es sei nämlich sinnvoller, die ungarische Regierungspartei im Rahmen der EVP zu behalten, weil nur so Einfluss auf sie genommen werden könne. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen ÖVP ebenfalls Teil der EVP ist, hatte Orbán wegen der Plakataktion scharf kritisiert, sich aber nicht den Rufen nach Ausschluss der Fidesz-Partei angeschlossen.

Außenminister Szijjarto bleibt bei Kritik an Juncker

Die ungarische Regierung zeigt sich unbeeindruckt von der Kritik an ihren Attacken auf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Außenminister Peter Szijjarto hat die Kritik am Montag bekräftigt und Juncker vorgeworfen, in Sachen Migration "den Plan von George Soros durchzusetzen".

Der ungarischstämmige US-Milliardär gilt als Staatsfeind Nr. Eins von Orban. Szijjarto betonte, dass Juncker und die Europäische Kommission Ungarn "an allen Fronten angreifen und wir stumm bleiben. Das wird in Zukunft nicht mehr funktionieren", zitierte der TV-Sender ATV. Hinter dem jüngsten Eklat steht eine Plakatkampagne von Orbán gegen Juncker und Soros als angebliche Förderer der Migration.

Keine Antwort gab es auf die Frage eines möglichen Ausschlusses der ungarischen Regierungspartei Fidesz aus der Parteienfamilie EVP. Dagegen verwies der Minister erneut auf die "offene Debatte" mit Juncker, die nicht neu sei. Die Kommission hätte alles unternommen, um die Pflichtquoten durchzusetzen, hätte Druck ausgeübt auf die "souveränen Mitgliedsstaaten, damit diese zu Einwanderungsländern werden", kritisierte Szijjarto.

Das Austreten der kroatischen Bauernpartei (HSS) aus der Europäischen Volkspartei (EVP) wegen Orbán kommentierte Szijjarto mit dem souveränen Entscheidungsrecht einer jeden Partei, ob sie austrete oder nicht.

Die HSS begründete ihren EVP-Austritt vor allem damit, dass Orbán-nahe Geschäftsleute Medien in Kroatien aufgekauft haben, die nunmehr "Hass verbreiteten". In Ungarn selbst hat Orbán die Medien weitgehend unter seine Kontrolle gebracht. Die HSS kritisierte zudem, dass in der EVP nur die Stimme der größten kroatischen rechten Partei, der regierenden Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), gehört werde. Die kleine Bauernpartei hat derzeit im 151-sitzigen kroatischen Parlament (Sabor) vier, im Europaparlament eine Abgeordnete. Die EVP hält derzeit 217 Abgeordnete, elf davon werden von Fidesz besetzt.

Ex-Ratspräsident: "Kein Platz mehr in der EVP"

Für einen Ausschluss hat am Wochenende der frühere EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy plädiert. Der flämische Christdemokrat sagte laut belgischen Medienberichten: "Es ist deutlich, dass das, was Orbán tut, völlig im Widerspruch zu den Werten der EVP steht."

Gegenüber dem flämischen Sender VRT fügte Van Rompuy hinzu: "Ich glaube, dass es aus inhaltlichen Gründen eigentlich keinen Zweifel daran gibt, dass, wenn Orbán weiterhin das tut, was er jetzt tut, er keinen Platz mehr in der EVP hat." Dabei verteidigte der 71-Jährige, dass es bisher noch zu keinem parteiinternen Verfahren in der EVP gegen Fidesz gekommen sei. "Nach dem, was gerade passiert ist, ist es natürlich zu einer internen Debatte gekommen. Aber wenn niemand einen Parteiausschluss erbittet, kann kein Verfahren eingeleitet werden."

(APA/dpa/Reuters)

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