Luftverkehr ist nicht Klimakiller Nr. eins

Wir diskutieren gern über den Beitrag des Luftverkehrs zur CO2-Reduktion – aber bitte auf Basis von Fakten.

Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

Zum Beitrag von Gudula Walterskirchen in „Quergeschrieben“ am 18. Februar 2019

Die Luftfahrt stellt sich gern der Diskussion über ihren Beitrag zu den globalen CO2-Emissionen, sofern sie faktenbasiert geführt wird. Das ist im Artikel von Frau Walterskirchen leider nicht der Fall. Deshalb ein paar Fakten zum Beitrag des Flugverkehrs an den CO2-Emissionen: Obwohl jährlich über vier Milliarden Menschen fliegen und 120.000 Flüge täglich starten, trägt der Luftverkehr weltweit nur 2,69 Prozent zu den CO2-Emissionen bei. Das macht den Luftverkehr sicher nicht zum „Klimakiller Nummer eins“.

Auch österreichische Zahlen sind eindeutig: Laut Klimabericht des Umweltbundesamts verursacht der Verkehr 45 Prozent der CO2-Emissionen, also etwa 21,4 Mio. Tonnen. Klingt viel, ist auch viel. Davon entfallen aber nur 1,9 Mio. Tonnen auf Flug-, Schiffs- und Eisenbahnverkehr gemeinsam. 19,5 Mio. Tonnen (also über 91 Prozent) entfallen auf den Straßenverkehr. Allein die Landwirtschaft verursacht achtmal so viel CO2 wie Flug-, Schiffs- und Eisenbahnverkehr zusammen. In Österreich trägt die Luftfahrt also prozentuell noch weniger zu den CO2-Emissionen bei, als das weltweit der Fall ist. Wie man also die Beschäftigung mit Maßnahmen zur Reduktion von 97,31 Prozent der globalen CO2-Emissionen als „Nebenschauplatz“ abtun kann, bleibt rätselhaft.

Zumal der Luftverkehr auch ohne staatliche Zwangsmaßnahmen große Fortschritte bei der CO2-Reduktion erreicht: Der Treibstoffverbrauch pro Passagier hat sich seit 1990 auf heute nur 3,58 Liter pro Passagier und 100 km halbiert. Flughäfen haben ihre Emissionen von 2010 bis 2017 um 38 % gesenkt; der Flughafen Wien sogar um 43 % (2012 bis 17). Und das bei wachsenden Passagierzahlen. Am Flughafen Wien ist nicht nur die Passagierzahl gestiegen – auch 2500 Arbeitsplätze sind hinzugekommen. Und der Weltluftverkehr hat weitere, selbst auferlegte ehrgeizige Ziele: Bis 2050 werden die CO2-Emissionen trotz Wachstums gegenüber 2005 halbiert werden.

Es ist zwar interessant, wie man mit „freiem Auge“ die Auswirkung von Kondensstreifen auf die Bildung von Zirruswolken und auf die Klimaerwärmung zu erkennen glaubt. Dazu wird zwar intensiv geforscht, bisher aber mit sehr widersprüchlichen Ergebnissen. Manche deuten auf einen Erwärmungsfaktor hin, andere kommen zum Schluss, Kondensstreifen tragen durch ihre Abschattung sogar zur Klimaabkühlung bei.

Ein Alleingang wäre unklug

Die ebenso rhetorisch wie polemisch gestellte Frage, was Österreich daran hindere, bei der Besteuerung des Luftverkehrs genauso Vorreiter zu sein wie bei der Atomkraft, ist einfach zu beantworten: internationale Vereinbarungen. Was wäre, wenn Österreich Kerosin mit einer 20-prozentigen Steuer belegte? Alle Flüge Richtung Österreich würden an ihrem ausländischen Abflugsort randvoll tanken. Die meisten kämen mit dieser Tankfüllung auch wieder retour. Durchtanken nennt man das. Und das passiert schon wegen geringerer Preisunterschiede. Dummerweise sind die Flugzeuge dann schwerer, weil sie zusätzlichen Treibstoff transportieren müssen. Und mehr Gewicht durch die Gegend zu fliegen kostet – erraten – mehr Treibstoff und erzeugt mehr CO2-Emissionen. Ein Alleingang bei der Treibstoffbesteuerung würde zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen führen.

Diskutieren wir gerne den Beitrag des Luftverkehrs zur CO2-Reduktion – aber bitte auf Basis von Fakten und nicht dem willkürlichen Instinkt folgend, nach ultimativ schuldigen „Killern“ zu suchen.

Dr. Peter Malanik ist Präsident des Österreichischen Luftfahrtverbandes.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2019)

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