Prozess um Bundespräsidenten-Stichwahl in Klagenfurt vertagt

Bundespraesidenten-Stichwahl 2016
Bundespraesidenten-Stichwahl 2016APA
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Insgesamt ist die Hälfte der Ermittlungen in der Sache der Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenstichwahl im Mai 2016 bereits abgeschlossen.

Die Bundespräsidenten-Stichwahl vom 22. Mai 2016 beschäftigt weiterhin die Gerichte. Am Dienstag mussten sich der Wahlleiter des Bezirks Villach-Land und seine Stellvertreterin deshalb vor einem Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Ute Lambauer verantworten. Der Prozess wurde vertagt, der Staatsanwalt beantragte den Leiter der Bundeswahlbehörde, Robert Stein, als Zeugen.

Ankläger Hans-Peter Kronawetter schilderte in seinem Eröffnungsvortrag ausführlich die Vorgänge am Wahltag und am darauffolgenden Tag, die zur Aufhebung des Urnengangs durch den Verfassungsgerichtshof geführt hatten. Die Briefwahlstimmen waren entgegen den Vorschriften bereits am Sonntagabend ausgezählt worden. Im Protokoll der Wahlbehörde wurde allerdings der korrekte Ablauf der Vorgänge bestätigt. Die Verteidiger argumentierten, ihre Mandanten hätten keinen absichtlichen Rechtsbruch begangen, sondern nur versucht, die Stimmenauszählung möglichst zu beschleunigen. Sie beantragten eine Diversion, Kronawetter sprach sich vehement dagegen aus. Er wies dabei auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Graz in einem anderen Prozess zur Bundespräsidenten-Stichwahl hin, in dem eine Diversion als nicht ausreichend, sondern eine Verurteilung als zwingend notwendig erachtet worden sei.

Verteidigung: Keinerlei Versuche, Wahlergebnis zu verändern

Es habe keinerlei Versuche gegeben, das Wahlergebnis zu verändern, erklärte Riepans Verteidiger. Dass das Protokoll mit dem falschen Datum versehen gewesen sei, läge daran, dass es sich um ein vorgegebenes Formular gehandelt habe, das nicht veränderbar gewesen sei. Hätte man einen diesbezüglichen Vermerk beigefügt, würde der Prozess gar nicht stattfinden, so der Anwalt. Er verwies zudem darauf, dass alle Beisitzer das Protokoll ebenfalls unterschrieben hätten, aber nicht angeklagt werden. Riepan selbst meinte, er sehe das Unrecht ein, verwies aber darauf, dass es sich nicht um ein "Mordsdelikt" handle.

Der Verteidiger der Verwaltungsdirektorin wies darauf hin, dass ihr das Verbrechen des Amtsmissbrauchs vorgeworfen wird. In der von der Landeswahlbehörde beschlossenen Ermächtigung stehe ausdrücklich der Hinweis, dass dies für die Ermittlung der Wahlkartenstimmen gelte. Sie sei daher davon ausgegangen, dass ihre Vorgangsweise rechtlich in Ordnung gewesen sei. Die Angeklagte meinte, heute sei ihr klar, dass die angewendete Methode nicht gesetzeskonform gewesen sei. Sie sei als Stellvertreterin des Wahlleiters bei der Stichwahl erst wenige Monate im Amt gewesen und habe sich an dem orientiert, wie es ihr Vorgänger gehandhabt hätte. Heute wisse sie natürlich, dass dies nicht in Ordnung sei.

Danach wurden einige Zeugen vernommen, die am Wahltag mit der Auszählung beschäftigt gewesen waren. Ihre Aussagen brachten aber keine neuen Erkenntnisse. Auch ein Wahlbeisitzer von damals wurde befragt, der freimütig bekannte, die auch von ihm unterschriebenen Protokolle nicht gelesen zu haben. Der Schöffensenat vertagte anschließend die Verhandlung, wann es eine Fortsetzung gibt, stand noch nicht fest.

Hälfte der Behördenermittlungen abgeschlossen

Der Prozess in Klagenfurt ist freilich nicht der einzige, der sich mit den Unregelmäßigkeiten bei der Stichwahl im Mai 2016 auseinandersetzt. Sie führten österreichweit zu Ermittlungen und mittlerweile auch Prozessen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelte gegen insgesamt 22 Wahlbehörden. Die Hälfte wurde bereits abgeschlossen, fünf davon wurden eingestellt.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte den ersten Stichwahl-Sieg von Alexander Van der Bellen wegen zahlreicher Formalfehler bei der Auszählung der Briefwahlstimmen aufgehoben. So wurden etwa Kuverts zu früh geöffnet oder die Stimmen teilweise ohne die Beisitzer der Parteien ausgezählt - all das sind klare Verstöße gegen das Wahlgesetz.

Die WKStA ermittelte infolge gegen rund 250 Beschuldigte in 22 Wahlbehörden - elf davon wurden mittlerweile abgeschlossen. Bei fünf dieser elf Wahlbehörden kam es zu gänzlichen Einstellungen, in den restlichen sechs Fällen gab es sowohl Anklagen als auch Einstellungen. Vorgeworfen wird den Beschuldigten vor allem Missbrauch der Amtsgewalt (Par. 302 StGB) und falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt (Par. 311 StGB).

Geldstrafen in Villach und in der Steiermark

Erste Anklagen in der Causa erfolgten im April 2018 gegen Villacher Behördenmitglieder. Im darauffolgenden Prozess am Landesgericht Klagenfurt gab es im Juli desselben Jahres neun Schuldsprüche und einen Freispruch. Die höchste Strafe fasste der Abteilungsleiter des Melde- und Standesamtes aus, für ihn setzte es wegen Amtsanmaßung, Fälschung eines Beweismittels und falscher Beweisaussage fünf Monate bedingt und 14.000 Euro Geldstrafe. Auch Villachs Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) musste 14.000 Euro Strafe zahlen. Freigesprochen wurde nur jene FPÖ-Mandatarin, die als einziges Mitglied der Wahlbehörde Fehler im Protokoll der Briefwahl-Auszählung kritisiert und einen Aktenvermerk eingefordert hatte.

Im November 2018 wurden laut WKStA die Bezirkswahlleiter bzw. Wahlleiter-Stellvertreter von Graz-Umgebung und Südoststeiermark wegen falscher Beurkundung bzw. Beglaubigung im Amt sowie Amtsmissbrauch angeklagt. Der Prozess gegen den Bezirkshauptmann der Südoststeiermark und einen Beamten dieser Behörde fand Mitte Jänner 2019 in Graz statt. Vorgeworfen wurde ihnen, die Briefwahlkuverts zu früh geöffnet und ausgezählt zu haben. Es kam zu einer Diversion mit Geldbuße in Höhe von 7200 bzw. 7800 Euro.

FPÖ klagte Republik

Auch in Tirol hat die Stichwahl ein Nachspiel, die WKStA hat Ende Jänner 2019 Anklage gegen den Kitzbüheler Bezirkshauptmann Michael Berger wegen falscher Beurkundung und Beglaubigung im Amt erhoben. Auch ein Mitglied der Bezirkswahlbehörde Landeck wurde angeklagt.

Noch nicht abgeschlossen sind die Verfahren gegen die Bezirkshauptleute von Hermagor und Wolfsberg, die ebenfalls von der WKStA bearbeitet wurden. Ob und wann es hier zu Anklagen kommen wird, war zuletzt noch offen.

Fest steht inzwischen jedoch der Termin für den von der FPÖ angestrengten Millionenprozess gegen die Republik wegen der aufgehobenen Stichwahl, dieser startet am 5. April. Die FPÖ und ihre neun Landesparteien fordern 3,4 Millionen Euro Wahlkampfkosten für ihren Kandidaten Norbert Hofer zurück. Der Rechtsstreit könnte sich über Jahre ziehen.

(APA)

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