Donald Trump und Kim Jong-un haben am Mittwoch in Hanoi ihr zweites Gipfeltreffen begonnen. Nordkorea könnte zu einer großen Wirtschaftsmacht werden, sollte es Zugeständnisse machen, kündigte der US-Präsident im Vorfeld an.
Es ist eines von Asiens legendären Hotels, das Fünf-Sterne-Haus "Metropole": altes Geld, großer Luxus, kolonialer Charme. Und dort, wo auch schon Ex-US-Präsident George Bush und Hollywood-Legende Charlie Chaplin wohnten, haben US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un am Mittwoch ihr zweites Gipfeltreffen begonnen.
Abgeschirmt vor den Augen der Öffentlichkeit werden sie hier über die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel, über einen offiziellen Frieden, über ein Ende der Sanktionen und einen Abzug der US-Truppen aus Südkorea verhandeln. Zunächst angespannt und mit ernster Miene begrüßten sich die beiden vor einer Reihe nordkoreanischer und amerikanischer Nationalflaggen. Erst langsam lockerte sich die Atmosphäre nach dem zehnsekündigen Handschlag der beiden.
Trump und Kim wollten zuerst ein 20-minütiges Gespräch unter vier Augen führen und später in kleiner Runde zu einem etwa eineinhalbstündigen Abendessen zusammenkommen. Am Donnerstag sind weitere Gespräche geplant.
Trumps "Freund" Kim
Warum der Gipfel ausgerechnet in Vietnam, dem ehemaligen Erzfeind Washingtons und Verbündeten Pjöngjangs stattfindet, machte der US-Präsident nach seiner Ankunft in Hanoi schnell deutlich. Die USA sehen die wirtschaftliche Öffnung des kommunistischen Einparteienstaates in den vergangenen vier Jahrzehnten als mögliches Vorbild für die Liberalisierung Nordkoreas.
So lobte Trump die rasante Entwicklung Vietnams nach einem Treffen mit dem vietnamesischen Ministerpräsidenten Nguyen Xuan Phuc als vorbildlich. Sollte sein "Freund" Kim sein Atomwaffen- und Raketenarsenal abrüsten, könne auch Nordkorea zu "einer großen Wirtschaftsmacht" werden, sagte er. Das Potenzial sei "enorm".
Doch Pjöngjang machte über die pro-nordkoreanische, in Japan erscheinende Zeitung "Choson Sinbo" am Mittwoch klar: "Nordkorea bewegt sich nur so viel, wie sich die USA bewegen." Kim pocht vor allem auf die Lockerung der durch die internationale Gemeinschaft verhängten Sanktionen. Denn die Strafmaßnahmen setzen Bevölkerung und Wirtschaft des isolierten Landes zu.
Nordkorea baute Atomarsenal seit Juni aus
Doch dass Nordkorea eines Tages tatsächlich auf seine Nuklearwaffen verzichten wird, bezweifeln US-Geheimdienste und Spitzenmilitärs. Obwohl sich Kim bei dem letzten Gipfel in Singapur zur "kompletten Denuklearisierung" seines Landes bereit erklärt habe, habe das Regime seine militärischen Fähigkeiten seit Juni sogar ausgebaut. Trump sieht das freilich anders: Er weist darauf hin, dass Nordkorea seitdem keine Raketentests mehr durchgeführt und die Gebeine gefallener US-Soldaten überführt habe.
Über mögliche weitere Ergebnisse der Gespräche wird kräftig spekuliert. Viele erwarten eine Erklärung zum formellen Ende des Korea-Kriegs (1950-53). Auch über eine Schließung des wichtigen nordkoreanischen Atomkomplexes Yongbyon sowie die Zulassung von Atom-Inspekteuren, die Einrichtung von Verbindungsbüros und die Wiederaufnahme innerkoreanischer Wirtschaftsprojekte wird gemutmaßt.
Der US-Präsident wird sich bei den Verhandlungen jedenfalls ins Zeug legen: Aus der Hoffnung, ein Erfolg bei den Korea-Gesprächen könnte ihm den Friedensnobelpreis einbringen, macht er keinen Hehl mehr.
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(ag./me)