Karfreitag: Die Lösung ist ein Hohn

Die Abschaffung des Karfreitags als Feiertag ist ein Schlag ins Gesicht der Protestanten und Altkatholiken.

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Mit dieser Regierung ist es nicht weit her, jedenfalls nicht, wenn es um Werte geht, auf die sie sich so viel zugutehält. Die neue ÖVP beansprucht, noch immer auf dem Boden der katholischen Soziallehre zu stehen, die FPÖ beschwört gern das christliche Abendland, das zu verteidigen sie vorgibt. Sobald es aber – wie jetzt beim Karfreitag – zum Schwur kommt, entpuppt sich die regierungsamtliche Werterhetorik als Lippenbekenntnis. Die einzigen Werte, die zählen, sind die Umsätze im Einzelhandel, dessen Vorschlag für einen „persönlichen Feiertag“ die Koalition übernommen hat. Dieser ist freilich ein Etikettenschwindel, müssen die Arbeitnehmer doch einen Urlaubstag opfern.

Pikanterweise hat sich mit Sozialministerin Hartinger-Klein ausgerechnet eines der drei evangelischen Regierungsmitglieder in der Parlamentsdebatte am 27. Februar besonders forsch zu Wort gemeldet, nachdem sie schon im Vorfeld beim Thema zusätzlicher Feiertag für alle zurückgerudert war. Umfallen ist ja ihr politisches Markenzeichen.

Auch der FPÖ-Regierungskoordinator, Norbert Hofer, der die Neuregelung als „perfekte Lösung“ preist, gehört der evangelischen Kirche an. Seiner Ansicht nach braucht man eigentlich keinen Feiertag. Protestanten könnten doch nach getaner Arbeit am Karfreitag einen Abendgottesdienst besuchen. Nun weiß ich nicht, ob es heuer in Hofers Pfarrgemeinde in Pinkafeld überhaupt einen Abendgottesdienst am Karfreitag gibt. Üblicherweise finden evangelische Karfreitagsgottesdienste jedenfalls am Vormittag statt. Mancherorts gibt es auch noch eine Andacht zur Sterbestunde Jesu um 15 Uhr.

Das dritte evangelische Regierungsmitglied, der parteilose Wissenschaftsminister Heinz Faßmann, zieht es vor zu schweigen. Wie soll man das deuten?

Auch um die Ökumene scheint es nicht gut bestellt zu sein. Zugegeben: Dass der evangelische Bischof Bünker in einer ersten Reaktion auf die Regierungspläne von einer „positiven Lösung mit Wermutstropfen“ sprach, dürfte wohl einem Moment der Schwäche geschuldet sein. Dass aber der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz die gefundene Lösung als „erfreulich“ bezeichnete, klingt wie Hohn. Ökumenische Solidarität sieht anders aus.

Theologisch Ahnungslose

Dem Vernehmen nach war die katholische Kirche nicht bereit, Bünkers Vorschlag zu unterstützen, den Karfreitag als Feiertag für alle gegen den Pfingstmontag einzutauschen. Hauptsache, die Marienfeiertage bleiben unangetastet. Der Karfreitag ist nicht so wichtig. Ein merkwürdiges Verständnis des Zentrums christlichen Glaubens.

Wolfgang Unterhuber schwadroniert derweil im „Kurier“ vom 27. 2., die Abschaffung des Karfreitags sei eine gute Nachricht für den Standort Österreich, werde damit doch „der prounternehmerische Anspruch der protestantischen Arbeitsethik erfüllt“. Hier schreibt ein theologisch Ahnungsloser. Protestantische Berufsethik ist auf den Dienst am Nächsten ausgerichtet, lebt aber von dem Wissen, dass Arbeit nur das halbe Leben ist und kein Mensch durch eigene Leistung sein Dasein rechtfertigen oder verdienen kann. Genau das ist nach evangelischem Verständnis der Sinn des Karfreitags. Und eben darum widerspricht das protestantische Arbeitsethos den Krämerseelen und achtet das Gebot, den Feiertag zu heiligen.

Offenbar bleibt den evangelischen Kirchen und der altkatholischen Kirche nur noch der Rechtsweg, vielleicht in einer Allianz mit den Gewerkschaften. Die Entscheidung der Regierung hinzunehmen, wäre für die Zukunft des Protestantismus, aber auch für ganz Österreich ein verheerendes Signal.

Dr. Ulrich H.J. Körtner ist Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Uni Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2019)

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