Opernball im ORF: Container-Entertainer und ein altes Haus

Der Wiener Opernball
Der Wiener OpernballReuters
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Die Übertragung des Opernballs tanzte um das 150-Jahr-Jubiläum der Staatsoper. Ein paar Schmähs gab es, manches ließe sich aber kürzen.

"Happy Birthday, altes Haus!" Nein, nicht Alfons, witzelten Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz – die Staatsoper. Ihr bevorstehendes 150-Jahr-Jubiläum war erwartungsgemäß zentral in der ORF-Berichterstattung zum Opernball. Darüber hinaus hat sich vieles wiederholt. Außer der Militärparade natürlich, die war neu.
Und so suchten die beiden Moderatoren nach Damen in der Gardetruppe: „Da sollten welche dabei sein“, sondierten sie den Begrüßungsaufmarsch. Die „Containerentertainer“, wie sie sich nannten, hatten mit dem Ausblick zu kämpfen, die Zuschauer mit dem Ton; die Blechbläser waren zu Beginn stärker als die Stimmen der Moderatoren. Österreichisch ging es später weiter, als das Frackduo zu einem "Boarischen" frei improvisierte. Mirjam Weichselbraun war wie üblich verbal beweglich, mal wechselte sie ins Tirolerische, mal sang sie "Nel Blu Dipinto Di Blu" (Volare).

Wer sich ein paar Impressionen vom unfeinen Gedränge der ankommenden Gäste erwartet hatte, ging heuer leer aus. Alfons Haider (das "männliche Flaggschiff"), Mirjam Weichselbraun, ihre Vertretung Nina Kraft (Weichselbraun erwartet ein Kind und verpasste die Mitternachtsquadrille aus arbeitsrechtlichen Gründen) und Barbara Rett warfen sich heuer nicht gezielt ins Getümmel, sondern streiften durch leere Knotenpunkte der Oper, um eben diese vorzustellen. Und nach einer Retrospektive über prominente Kinder, die einst debütierten (von Serafin, Klima, Pröll, Lafer), und Bruno Kreiskys berühmter "Häusl-Flucht" - die wir eigentlich alle schon kennen -, stellte sich die Gegenwart mit einer eleganten Eröffnung ein, gefolgt von vielen, tendenziell reizlosen Interviews.

Gut, ganz fad war es auch nicht. Ein paar Schmähs waren dabei. Zum Beispiel: "Elle war für Richard Lugner lange nur ein Buchstabe". Ha! Heuer war es sein Stargast, das pensionierte Model Elle Macpherson. Sie wollte die Sendezeit nutzen, um für ihren Schmuck zu werben. Das drehte Haider schnell ab. Größere Sittenwidrigkeiten gab es nicht. Ja, VIPs wie Mario Soldo als W. A. Mozart oder Tini Kainrath schickten hin und wieder komische (also seltsame) Handy-Videos, die der ORF zeigte. Und zwar aus Selfieperspektive, was Schwindel und Verwirrtheit erzeugte.

Kurz keimte etwas Aufregung auf, nicht beim Kanzler, sondern bei seinem Vize. Als Alfons Haider erwähnte, dass Heinz-Christian Strache doch auch Sportminister sei, wurde es spannend: Kommt jetzt eine Doping-Frage? Aber nein, es blieb beim Walzer. Und wir wissen jetzt, dass Strache nicht tanzt. Von Gattin Philippa erfuhr man im Anschluss, dass ihr Mann im Papamonat nur "auf seine Weise geholfen" habe. Aha!

Schließen sollte man trotzdem mit Lotte Tobisch, die mit ihren 93 Jahren zum Ball kam, strahlte und die feine Gesellschaft analysierte: "Was ist schon fein? Fein ist, wenn man Rücksicht nimmt." Für den nächsten Ball will sie in ihrem Alter keine Pläne machen, sagte sie, "sonst lacht sich der liebe Gott noch tot". Solche Gespräche könnten länger dauern. Der Rest ließe sich vielleicht kürzen.

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