Denn die Probleme hören nicht auf

Die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche, der Fall Doris Wagner und die Bischofskonferenz zu Rom. Mit Kardinal Christoph Schönborn im Gespräch: eine Begegnung im Flugzeug.

Es ist der 20. Februar 2019, 18.15 Uhr. Das Boarding von EW 5884 von Wien nach Rom startet pünktlich. Zu diesem Zeitpunkt weiß Kardinal Christoph Schönborn, dass ich – einem journalistischen Reflex folgend – auf diesem Flug nicht zufällig seine Sitznachbarin bin: Morgen beginnt im Vatikan die viertägige Konferenz zur virulenten Causa – global aufgebrochene Missbrauchsskandale, Sexus & Macht, die Kehrseite des sechsten Gebots. Im Vorfeld befahl Papst Franziskus jedem Einzelnen seiner Führungsriege, mit Opfern direkt in Kontakt zu treten. Der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz tat dies bemerkenswert. Schönborn ließ ein TV-Exklusivtreffen zweier unterschiedlich Betroffener zu: Er, Papst-Intimus, 74, gilt seit der Einsetzung einer unabhängigen Opferschutzanwältin und einer Opferschutzkommission als Vorkämpfer wider die verheerenden Missbrauchszustände in der katholischen Kirche. Sie, Doris Wagner, 33, jüngst promovierte Theologin, Mutter, beschuldigt Priester ihres einstigen Ordens des sexuellen Missbrauchs. Ein Fall von #NunsToo.

„Woher wussten Sie, wann ich fliege?“, fragt der Kardinal. „Überwachen Sie mich?“ Nein. Angenehm sind ihm mein Spürsinn und die räumliche Enge nicht. Ich bitte ihn um ein Gespräch, sage: „Herr Kardinal signalisieren Sie mir, wann Ihnen danach ist.“ Das „Wenn“ vermeidend. „Ja. Wir sollten ein Sandwich bekommen. Dann. Zunächst aber nehme ich mir Zeit für das Gebet“, erwidert er und zieht sein Brevier aus der schmalen Tasche. Sicherheitsanweisungen ertönen, die Triebwerke des A 319 bekommen Schub.

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