Nach dem gescheiterten Gipfeltreffen in Vietnam senden die Verbündeten ein Signal an Nordkorea. Ein kleineres Manöver soll die jahrelang durchgeführten Übungen nun ersetzen.
Tokio. Nur zwei Tage nach dem geplatzten Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un senden die USA und Südkorea ein deutliches Signal der Entspannung in Richtung Nordkorea. Ab sofort werden alle bilateralen Großmanöver eingestellt. Der US-Präsident sieht in diesen Kriegsspielen nun eine „sinnlose Geldverschwendung“. Auch Südkoreas Militärs wollen Pjöngjang nicht länger damit provozieren.
Der amtierende US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan und sein südkoreanischer Amtskollege, Jeong Kyeong-doo, hatten sich am Samstag in einem Telefongespräch auf den sofortigen Manöverstopp verständigt. Das Pentagon begründete dies mit dem Wunsch beider Verbündeten, „Spannungen zu reduzieren und unsere diplomatischen Anstrengungen zu unterstützen, um die komplette Denuklearisierung auf der koreanischen Halbinsel“ zu erreichen. Washington meint damit die vollständige und überprüfbare Abrüstung des nordkoreanischen Atom- und Raketenprogramms.
Angesichts der einsetzenden Entspannung zwischen den USA und Nordkorea war bereits im vergangenen Jahr das für August geplante Großmanöver „Ulchi Freedom Guardian“ als Zeichen des Entspannungswillens abgesagt worden. US-Präsident Trump stößt sich dabei auch an dem beschränkten Nutzen und den immensen Kosten solcher Militärübungen. Nach seinen Angaben wenden die USA dafür jährlich Hunderte Millionen Dollar auf. Aber ganz auf ihr Militärbündnis und gemeinsame Verteidigungsbereitschaft wollen Washington und Seoul nicht verzichten. Zwar werden das traditionelle, jedoch international oft kritisierte mehrwöchige Frühjahrsmanöver „Foal Eagle“ und die dazu parallel laufende Kommandoschulung „Key Resolve“ zumindest für dieses Jahr abgesagt. An „Foal Eagle“ haben in der Vergangenheit bis zu 300.000 Soldaten aus Südkorea und mehr als 10.000 US-Militärs teilgenommen.
Allianz bleibt aufrecht
Dafür findet ab Montag eine neuntägige und damit deutlich kleinere Waffenübung unter dem Titel „Dong Maeng“ (zu deutsch Allianz) statt, „um die Allianz aufrechtzuerhalten und zu stärken“, teilte das gemeinsame Kommando in Seoul mit. Die USA haben in Südkorea etwa 28.500 Soldaten als Abschreckung gegen eine mögliche Invasion aus Nordkorea stationiert.
Versöhnliche Töne aus Pjöngjang wecken wieder Hoffnungen, dass der eingeleitete Entspannungsprozess auch nach dem verpatzten Hanoi-Gipfel nicht abreißt. Die nordkoreanische Staatsagentur KCNA verbreitete die Nachricht, beide Seiten hätten sich auf einen anhaltenden Dialog zur Denuklearisierung geeinigt. Aus Sicht der südkoreanischen Führung seien die Gespräche produktiv und aufrecht gewesen. Der Austausch von Kim und Trump habe zum gegenseitigen Vertrauen beigetragen.
Unterschiedliche Auffassungen gibt es jedoch über die Gründe des Abbruchs. Während der US-Präsident darauf beharrt, Nordkorea habe alle Sanktionen vom Tisch haben wollen, behauptet der nordkoreanische Außenminister, es sei nur um einen Teil gegangen, und dafür habe Pjöngjang mit der Liquidierung des Nuklearzentrums Yongbyon eine angemessene Gegenleistung geboten. Dies sei die weitreichendste Maßnahme, die für sein Land derzeit machbar sei.
Daran werde sich auch nichts ändern, würden die USA weitere Verhandlungen in der Zukunft vorschlagen. Damit macht Pjöngjang eindeutig klar, dass es auf sein nukleares Waffenarsenal künftig nicht vollständig verzichten will. Und damit wird indirekt die Aussage von Trump bestätigt, der bei seiner Abreise aus Hanoi erklärt hat, Kims Angebote zur atomaren Abrüstung seien nicht weitreichend genug gewesen.
Seoul will vermitteln
Enttäuschung und Ernüchterung herrscht vor allem in Südkorea. Kaum jemand hätte einen erfolgreichen Trump/Kim-Gipfel so dringlich benötigt wie der südkoreanische Staatschef, Moon Jae-in. Zum einen ist mit dem Scheitern von Hanoi auch die Einladung von Moon an Diktator Kim Jong-un zu einem offiziellen Besuch in Seoul wieder fraglich. Während dieser bisher noch nie dagewesenen Visite sollten unter anderen die Wiederinbetriebnahme des 2015 geschlossenen gemeinsamen Industrieparks Kaesong, der Ausbau einer interkoreanischen Eisenbahnstrecke von Seoul nach Pjöngjang und eine Wiederbelebung des südkoreanischen Tourismus in die nordkoreanischen Ferienressorts des Kumgang-Gebirges beschlossen werden.
Keines dieser Projekte ist jedoch vorstellbar ohne vorherige Zustimmung der Vereinigten Staaten und die Aufhebung der strengen Wirtschaftssanktionen gegen den Norden. Auch deshalb bietet Präsident Moon erneut seine Vermittlerrolle an. Er werde „jegliche Mittel“ einsetzen, damit beide Seiten in naher Zukunft eine vollständige Einigung bei den Atomverhandlungen erreichen können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2019)