Schröcksnadel wittert eine Verschwörung

NORDISCHE SKI WM 2019 IN SEEFELD: OeSV-PRAeSIDENT SCHROeCKSNADEL
NORDISCHE SKI WM 2019 IN SEEFELD: OeSV-PRAeSIDENT SCHROeCKSNADELAPA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Vier Silber- und fünf Bronzemedaillen wurden von ÖSV-Athleten gewonnen, Seefeld erlebte eine sehr emotionale WM mit grandiosem Sport vor 204.400 Zuschauern. Doch der Doping-Wirbel überschattet jede Euphorie.

Seefeld. Die 52. Nordische WM in Seefeld ist Geschichte, doch sie wird noch viele Geschichten schreiben. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel wittert jedenfalls im Zusammenhang mit der Dopingrazzia während der WM in Seefeld eine mögliche Verschwörung. „Es kommt mir vor, es war eine getürkte Aktion, wie das inszeniert worden ist, gerade bei der WM“, sagte der Tiroler und verwies auf Vorkommnisse um die „Me Too“-Debatte ausgerechnet vor den Kitzbühel-Rennen und zu anderen besonders ungünstigen Zeitpunkten.

„Man muss nachdenken, ob es nicht eine Gruppe gibt, die uns schaden will“, sagte Schröcksnadel in einem ORF-Interview. Wen er damit meine, wollte er nicht sagen. Von der Existenz dieser vermeintlichen Feinde ist er allerdings überzeugt. „Natürlich gibt es eine Gruppe. Es gefällt vielen nicht, dass wir sehr erfolgreich sind“, sagte Schröcksnadel im Zusammenhang mit der für ihn besonders bemerkenswerten Wendung, dass Johannes Dürr nicht nur Zeuge, sondern auch Dopingvermittler gewesen sein soll. Er wisse aus gesicherter Quelle, dass Dürr das ÖSV-Duo Max Hauke und Dominik Baldauf zum deutschen Sportmediziner vermittelt habe.

Gandler wird Dürr klagen

Markus Gandler, der als ÖSV-Chef für Langlauf und Biathlon abdanken muss, bereitet indes eine Klage gegen den 2014 des Epo-Dopings überführten Johannes Dürr vor. Dies kündigte er in der Ö3-Sendung „Frühstück bei mir“ an. Dürr erklärte im Jänner in einer ARD-Dokumentation, dass er von ÖSV-Personal bei unerlaubten Praktiken unterstützt wurde.

Für den ÖSV hatte Wolfgang Schobersberger, der Anti-Dopingbeauftragte, die unterstellte Mitwisserschaft zurückgewiesen. Da Dürr bei seinen Aussagen blieb, verlange Gandler nun, dass er die Namen nenne. Er habe Kontakt mit einem Anwalt aufgenommen und könne sich vorstellen, dass sich andere Trainer dieser Klage anschließen werden.

Von den des Blutdopings überführten Max Hauke und Dominik Baldauf verlangt Gandler, dass diese sich zeitnah öffentlich für ihre Verfehlungen entschuldigen. „Sie sollen diesen Anstand zeigen, sich entschuldigen und sagen, wer beteiligt war“, sagte Gandler. Man brauche niemanden zu schützen.

Es gehe auch darum, seine bei der WM „12, 13 akkreditierten Betreuer freizusprechen“, die derzeit wie „geschlagene Hunde“ umhergehen. Hauke und Baldauf hätten sich gegenüber den BK-Ermittlern „sehr gesprächig“ gezeigt.

Hits vor 204.400 Zuschauer

Ungeachtet aller Vorfälle, Verschwörungstheorien und Anschuldigungen – diese WM lieferte vor atemberaubender Kulisse und 204.400 Zuschauern grandiosen Sport. Österreich hatte zwar keinen Weltmeister zu bejubeln, dafür stehen vier Silber- und fünf Bronzemedaillen zu Buche.

Fünf Medaillen im Skispringen und vier in der Kombination hätten die Wünsche des Sportlichen Leiters Mario Stecher weit übertroffen. „Es ist wunderschön, dass es besser gelaufen ist als erwartet“, freute sich der Steirer. „Das Wichtigste war die Mannschaftsmedaille auf dem Bergisel, da ist ein großer Druck weggefallen. Bei den Kombinierern kam die erste Medaille unerwartet, sie hat aber alles leichter gemacht“, so Stecher, 41.

Die 53. WM findet 2021 in Oberstdorf statt. Ob mit oder ohne ÖSV-Langläufern, ist offen. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BIATHLON - IBU WC Hochfilzen
Wintersport

Biathlet Simon Eder: "Doping? Auch mir wurde etwas angeboten"

Simon Eder spricht im "Presse"-Interview über Rattenfänger, Blutbeutel und er rechnet mit Dopingsündern ab. "Das Letzte, was ich habe, ist Mitleid."
Stefan Matschiner.
Sport

Doping: Matschiner glaubt an großes Netzwerk um deutschen Arzt

Das Netzwerk sei möglicherweise "so groß wie bei Fuentes in Spanien", sagte der frühere Sportmanager Stefan Matschiner, der 2010 schuldig gesprochen worden war.
++ ARCHIVBILD ++ SKI NORDISCH: LANGLAeUFER JOHANNES DUeRR (AUT)
Wintersport

Doping-Causa: Johannes Dürr in Innsbruck festgenommen

Der während der Nordischen Weltmeisterschaften in Seefeld aufgeflogene Dopingskandal zieht immer weitere Kreise.
TALLINN 13 01 2018 Estonian championship Men s 15km freestyle In the picture Algo K�rp tl Foto
Mehr Sport

Weiterer estnischer Ski-Langläufer gesteht Blutdoping: "Half nichts"

Langläufer Algo Kärp belastet in einem Interview seinen Ex-Trainer Alaver und den deutschen Sportarzt Mark S.. Von der Wirkung des Blutdopings zeigt er sich enttäuscht.
NORDISCHE SKI WM 2019 IN SEEFELD: SKATING 50 KM MASSENSTART / HERREN: START
Mehr Sport

Ermittler in Doping-Causa: "Es gibt kein Unrechtsbewusstsein"

Der leitende Ermittler Csefan wies die "Verschwörungstheorie" zurück, dass die Ermittler gezielt nach gewissen Nationen gefahndet hätten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.