Azad G. wurde von den Kurden in Syrien als IS-Kämpfer verhaftet. Der Wiener ist eigenen Angaben zufolge seit 2015 beim "Islamischen Staat". In Wien sei der Alevit vom IS angeworben worden.
Im Hintergrund sitzen die Gefangenen auf dem Wüstenboden, im Vordergrund steht Azad G. und blickt in die Kamera. Er hat ein mageres Gesicht, trägt schwarze Kleidung, einen Bart – und hat die vergangenen vier Jahre bei den Schergen des „Islamischen Staates“ (IS) verbracht. Das Video, in dem sich G. reumütig zeigt und lang und breit beteuert, betrogen worden zu sein, kursiert seit wenigen Tagen im Netz. Nun hat das Innenministerium die Authentizität bestätigt. Der Mann sei Österreicher mit türkischen Wurzeln.
Doch wer ist Azad G.? Eigenen Angaben zufolge stammt er aus einer kurdisch-alevitischen Familie. In Wien habe ihn jemand „zum Islam eingeladen“, wie er sagt. Zum IS sei G. 2015 gekommen, damals sei die Grenze zwischen der Türkei und Syrien relativ offen gewesen: „Ein Bärtiger ist da immer herumspaziert.“ Widersprüchliche Angaben gibt es darüber, ob G. sich bereits 2012 den Extremisten angeschlossen hat; angeblich befand er sich schon vor 2015 für kurze Zeit im syrischen Kriegsgebiet. Im Video erwähnt er die Jahreszahl 2012 zwar, beendet den Satz jedoch nicht.
G. befindet sich nun in kurdischer Gefangenschaft, dort entstand auch das aktuelle Video; somit ist G. womöglich der erste männliche Jihadist aus Österreich, den die Kurden gefangen genommen haben. Rekrutiert habe man ihn in Wien, die Extremisten hätten „eine Maske aufgesetzt“ und ihn unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Syrien gelockt. Seine Familie habe er seit nunmehr vier Jahren nicht gesehen, sagt G; er habe recht schnell das Gebiet wieder verlassen wollen, spätestens als die Schlacht um Mossul begann (Oktober 2016), aber das sei ihm nicht gelungen. G. berichtet von den Gräueltaten des IS und sagt in dem Video auch, dass er als Kurde bisweilen schlecht behandelt worden sei. Eine Woche habe man ihn ins Gefängnis gesteckt, wo er detailreiche Angaben zu seiner Familie machen musste. Ferner berichtet G., dass ihm seine Eltern während seiner Zeit in Syrien Geld geschickt hätten, insgesamt mehr als 10.000 Dollar. Die Familie von G. lebt in Wien. Sollten sie den Sohn tatsächlich finanziell unterstützt haben, könnte das strafrechtlich relevant sein.
Ein Alevit bei den sunnitischen Extremisten
Dass Aleviten zum sunnitischen Islam konvertieren und sich den Jihadisten anschließen, ist äußerst ungewöhnlich. Es sind nur einige wenige Fälle bekannt. „Die Konversion zum sunnitischen Islam stellt damit nicht nur einen Bruch mit dem Elternhaus dar, sondern auch den Wechsel von der diskriminierten (alevitischen) Gruppe hinüber in die (sunnitische) Gruppe der Diskriminierenden“, beschreibt etwa der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger dieses Phänomen in seinem Fachartikel „Jihadistische Identitätsangebote“.
Etwa 100 IS-Kämpfer aus Österreich dürften sich laut BVT noch in Syrien und im Irak befinden. Insgesamt waren dem Verfassungsschutz mit Anfang des Jahres 320 "aus Österreich stammende Personen" bekannt, die sich aktiv am Jihad in Syrien und dem Irak beteiligen oder beteiligen wollten. Von ihnen besitzen etwa 30 Prozent die österreichische Staatsbürgerschaft, 40 Prozent stammten aus Russland, der Rest verteile sich auf andere Länder.
(duö)