Der Spitzenkandidat der EU-Konservativen fordert den ungarischen Premier auf, seine "Wertschätzung" für die EVP zu zeigen - noch vor der Abstimmung über einen Fraktionsausschluss. Die ÖVP sieht den Ball nun bei Orbán liegen.
Der konservative Europa-Spitzenkandidat Manfred Weber hat dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán drei Bedingungen gestellt, um einen Ausschluss von dessen Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei (EVP) abzuwenden. Orbán müsse sich "bewegen und seine Wertschätzung für die EVP zu zeigen", sagte Weber der "Bild" (Mittwochsausgabe).
Es gebe "entscheidende Fragen, was demokratische Prinzipien und den politischen Stil betrifft". Weber nannte drei Bedingungen, über deren Erfüllung es "noch in diesem Monat" Klarheit brauche: Orbán müsse die "Anti-Brüssel-Kampagne seiner Regierung sofort und endgültig stoppen", sich bei den anderen EVP-Mitgliedsparteien entschuldigen und einen Verbleib der Zentraleuropäischen Universität (CEU) in Budapest sichern. Die CEU wird von US-Milliardär George Soros unterstützt, den Orbáns Regierung heftig anfeindet.
Weber will Orbán letzte Chance geben
Weber machte klar, dass es nun an Orbáns weiterem Handeln liege, ob es zum Bruch zwischen der Fidesz und der konservativen europäischen Parteifamilie komme. Er selbst werde noch "einen letzten Versuch" unternehmen, "Viktor Orbán und die Fidesz in der EVP zu halten", sagte Weber. Die Werte der Christdemokratie seien allerdings "nicht verhandelbar".
"Dafür gibt es von unserer Seite volle Unterstützung. Diese Punkte sind unverhandelbar und müssen sichergestellt sein, ansonsten drohen weitere Schritte", erklärten ÖVP-Chef Sebastian Kurz, EU-Spitzenkandidat Othmar Karas sowie der österreichische EVP-Vizepräsident Johannes Hahn in einer gemeinsamen Aussendung. "Die Bedingungen der EVP liegen am Tisch, nun liegt der Ball einzig und allein bei Viktor Orbán", so Kurz. Orbán müsse endlich aufhören, mit Feindbildern, Schuldzuweisungen und Antisemitismus Politik zu machen, forderte Karas. "Sollte das nicht passieren, muss das Ausschlussverfahren eingeleitet werden." Der Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament und ÖVP-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, Othmar Karas, hatte bisher keinen Auschluss, sondern nur eine Suspendierung der Orbán-Partei gefordert.
Zwölf EVP-Mitgliedsparteien aus neun EU-Staaten sprachen sich inzwischen dafür aus, die Mitgliedschaft von Fidesz zu beenden oder auszusetzen, wie EVP-Chef Joseph Daul der Nachrichtenagentur AFP sagte. Über die Frage werde es bei einem Treffen am 20. März eine Debatte geben, einen Tag vor dem EU-Gipfel.
Für Weber ist die Situation schwierig, da er mit der EVP nach der EU-Parlamentswahl die stärkste Fraktion stellen will. Eine absolute Mehrheit scheint aber ausgeschlossen. Zur Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten könnte er aber auf die Fidesz-Stimmen angewiesen sein. Orbáns Partei wird für die Wahl im Mai ein klarer Wahlsieg in Ungarn vorhergesagt.
Streit schwelt seit langem
Fidesz ist innerhalb der EVP seit Längerem umstritten. Zuletzt erzürnte eine polemische Plakatkampagne der nationalkonservativen ungarischen Regierung gegen den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker mehrere EVP-Mitglieder. Budapest wirft Juncker vor, er wolle die EU-Länder zur Flüchtlingsaufnahme verpflichten und den nationalen Grenzschutz schwächen. Weitere Zielscheibe der Kampagne ist der aus Ungarn stammende jüdische US-Milliardär Soros.
Das vor zwei Jahren in Kraft getretene Hochschulgesetz zwang die von Soros gegründete Central European University, den Umzug von Budapest nach Wien zu beschließen. Es beschränkt die Befugnis von Universitäten mit Hauptsitz außerhalb der EU, ungarische Abschlüsse zu verleihen. Wegen des Hochschulgesetzes läuft seit Dezember 2017 ein EU-Vertragsverletzungsverfahren.
(APA/AFP)