Wie Plastik nicht auf dem Müll landet

Das Plastiksackerl ist besser als sein Ruf, sagt die Chemieindustrie.
Das Plastiksackerl ist besser als sein Ruf, sagt die Chemieindustrie.(c) Getty Images/EyeEm (Kateryna Kyslyak / EyeEm)
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Die Chemieindustrie will mit einem Zehnpunkteprogramm Österreich zum Vorreiter bei der Reduktion von Kunststoffabfall machen. Das Plastiksackerlverbot sei nur „Symbolpolitik“.

Wien. Das Ziel hat die EU klar vorgegeben: Bis 2040 sollen 95 Prozent des anfallenden Plastiks recycelt werden, womit der Kreislauf der Wiederverwertbarkeit praktisch geschlossen wäre. Derzeit liegt die Recyclingrate in Österreich bei 34 Prozent. Schon viel früher, nämlich bis 2025, sollen bis zu 95 Prozent der PET-Flaschen wiederverwertet werden.

Der Wille, diese Vorgaben zu erreichen, ist auch da, wie die Beteuerungen von Industrie und Handel zumindest in Europa zeigen. Angesichts der Tatsache, dass rund 150 Millionen Tonnen Plastikmüll die Ozeane verunreinigen und über die Fische auch in den menschlichen Organismus gelangen, besteht auch enormer Handlungsbedarf. Denn alljährlich kommen fünf bis 13 Millionen Tonnen Plastikmüll dazu.

Knackpunkt Entsorgung

Aber der Weg zu einer plastikfreien Welt ist weit – und dornig. Wie so oft hat die Sache zwei Seiten. „Kunststoff ist aufgrund seiner herausragenden Eigenschaften aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und punktet wegen seiner vergleichsweise ressourcenschonenden Produktion auch gegenüber anderen Materialien bezüglich des Klimaschutzes“, erläutert Sylvia Hofinger, die Geschäftsführerin des Fachverbands des Chemischen Industrie (FCIO) der Wirtschaftskammer.

Der Knackpunkt sind die (unsachgemäße) Entsorgung und die damit verbundene Verschmutzung der Meere und an Land. Weshalb Plastik-Vermeidung und -Recycling im Vordergrund stehen müssten. Österreich sei in Europa Musterschüler beim Trennen und Verwerten von Kunststoffmüll, „aber wir müssen unsere Recyclingrate bis 2025 noch um fast 50 Prozent erhöhen, um die EU-Vorgaben zu erreichen“, betont Hofinger.

Die Branche – die 300 Unternehmen von Adler Lacke über Alpla, Borealis und Greiner bis zu Polytec und Treibacher stellen 11,6 Prozent der Beschäftigten und bilden ein Schwergewicht der heimischen Industrie – hat ein Zehn-Punkte-Maßnahmenpaket erarbeitet. Gelinge im Schulterschluss mit Politik und Handel die Umsetzung, könne Österreich Vorreiter im Bereich der Kreislaufwirtschaft werden, meinte Hofinger am Dienstag. Hauptstoßrichtung sei die Verbesserung des Recyclings, zumal Plastik eigentlich unendlich oft wiederverwertet werden kann.

Das beginne freilich nicht erst bei der Sammlung, sondern bereits beim Design. Bestehe ein Produkt nur aus einem Werkstoff (Monomaterial), sei es einfacher zu recyceln. Auch die Farbe spiele eine Rolle. So ist laut Hofinger etwa schwarz „ganz schlecht“.

Vorzug für Mehrwegprodukte

Weiters plädiert die Industrie für Mehrweg- statt der bisher dominierenden Einwegprodukte, wenn das hygienisch machbar ist. Zudem müssten die Sammel- und Recyclingsysteme ausgebaut werden. Ein besonderes Anliegen ist der Industrie, dass die Politik bei Entscheidungen Ökobilanzen verpflichtend hinzuzieht, etwa wenn es um den Umstieg auf andere Verpackungsstoffe geht. In diesem Zusammenhang kritisierte Hofinger das von der Regierung kürzlich beschlossene Verbot von Plastiksackerln ab 2020 als „Symbolpolitik“. Denn: „Pflastiksackerln haben einen besseren ökologischen Fußabdruck als Papiertragtaschen.“ Eine wesentlich effektivere politische Maßnahme wäre ein EU-weites Deponieverbot oder die Anerkennung von Rezyklat als Produkt.

Österreich könnte durch seine Technologieführerschaft in Recycling und Abfallmanagement auch einen wesentlichen internationalen Beitrag leisten, wenn es um die Vermittlung von Know-how in andere Regionen der Welt geht. Vor allem Afrika und Asien seien für 90 Prozent des Plastikmülls in den Meeren verantwortlich. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2019)

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