Kritik: Ethikunterricht für alle gefordert

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Plan der Regierung, das Fach Ethik nur für Schüler einzuführen, die keinen Religionsunterricht besuchen, sorgt für Kritik – von Opposition und Industrie.

Wien. Nach einer 22-jährigen Wartezeit soll Ethik nun als (alternatives) Pflichtfach eingeführt werden. Das haben Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bildungsminister Heinz Faßmann (beide ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bei einem Schulbesuch am Dienstag offiziell bestätigt – und umgehend Kritik dafür geerntet.

Der angekündigte Ethikunterricht, der nur für Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, verpflichtend sein wird, geht nämlich sowohl der SPÖ, den Neos, der Liste Jetzt sowie der Industriellenvereinigung (IV) nicht weit genug. Sie fordern eine Ausweitung auf alle Schüler.

Andernfalls würde man, wie es etwa IV-Generalsekretär Christoph Neumayer formuliert, Gefahr laufen, „dass ein Parallelprogramm mit Religionsunterricht für die einen und Ethikunterricht für die anderen gefahren wird – ohne inhaltliche Überschneidungen und Anknüpfungspunkte.“

Die Kritik der Initiative Religion ist Privatsache fiel noch viel deftiger aus. Die Regierung mache „Werbung für diskriminierenden Ethikunterricht in bester Sowjet-Manier“. Mit der Plattform „ethikfueralle.at“ will sie sich für einen Ethikunterricht für alle Schüler ab der ersten Schulstufe starkmachen. Zu den Unterstützern der Plattform zählen u.a. der Religionspädagoge Anton Bucher, Philosoph Peter Kampits sowie Verfassungsjurist Heinz Mayer.

Der hatte in der „Presse“ zuletzt Zweifel angemeldet, dass der Regierungsplan verfassungskonform ist. Da in Österreich keine Religionspflicht herrsche, dürfe auch kein Schüler verpflichtet werden, einen Unterricht zu besuchen, der als Ersatz für den Religionsunterricht gilt. Das ärgerte Kanzler Kurz. Wenn es nun bereits bei der Einführung des Ethikunterrichts verfassungsrechtliche Bedenken geben, gehe das „eine Spur zu weit“.

Langfristig ein eigenes Studium

Die für die Einführung notwendigen Vorarbeiten sind laut Bildungsminister jedenfalls „einigermaßen gut geklärt“: Insgesamt müssten an der Oberstufe 1300 Lehrer für das Fach weiterqualifiziert werden. Mit Herbst soll die 30 ECTS (ein Semester) umfassende Fortbildung an den Pädagogischen Hochschulen (PH) starten, weitere 30 ECTS sollen berufsbegleitend absolviert werden müssen. Die Weiterbildung können Religionslehrer ebenso machen wie Pädagogen aller anderen Fächer.
„Längerfristig“ will Faßmann ein eigenes Lehramtsstudium für Ethik an den Unis etablieren. Außerdem soll der Ethikunterricht auf längere Sicht auf alle Schulstufen ausgedehnt werden. (j. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2019)

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