Aktivisten blieben im Tierschützer-Prozess - der gerade Thema im BVT-U-Ausschuss ist- trotz Freispruchs auf mehr als 500.000 Euro Anwalts- und Gutachterkosten sitzen.
Die FPÖ plädiert angesichts der Erfahrungen im Tierschützer-Prozess für eine bessere Entschädigung unschuldig Angeklagter. "Der Tierschützer-Fall zeigt, dass es hier ein krasses Missverhältnis gibt", sagt der Fraktionschef im BVT-Untersuchungsausschuss, Hans-Jörg Jenewein. Der Freispruch hatte die Aktivisten mehrere Hunderttausend Euro für Anwälte und Gutachten gekostet.
Jenewein plädiert dafür, dass bei Freisprüchen künftig der Staat die Verteidigungskosten übernimmt. Er verweist darauf, dass auch beim Zivilprozess der Kläger ein Prozessrisiko trägt. Im Zivilverfahren ist nämlich vorgesehen, dass der Verlierer die Anwaltskosten des Siegers trägt. Im Strafprozess muss der Angeklagte seine Verteidigungskosten dagegen unabhängig vom Ausgang des Verfahrens selbst tragen.
Jenewein betont, dass die FPÖ schon länger einen stärkeren Beitrag des Staates im Strafprozess fordere. Auch die Rechtsanwaltskammer sei dafür, sagt Jenewein: "Ich bin durchaus der Meinung, dass man das auf die Agenda setzen kann."
Der Untersuchungsausschuss zur Verfassungsschutz-Affäre nimmt seit Mittwoch die Tierschützer-Affäre unter die Lupe, die 2010 zu einer umstrittenen Anklage gegen 13 Aktivisten geführt hat. Martin Balluch, der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), kritisierte dabei, dass er trotz des klaren Freispruchs auf mehr als 500.000 Euro Anwalts- und Gutachterkosten sitzen geblieben ist. Schadenersatzforderungen gegen die Republik wurden abgelehnt.
Auch Anwälte für höhere Entschädigung
Die Rechtsanwaltskammer unterstützt den Vorschlag einer höheren Entschädigung. Präsident Rupert Wolff hält den aktuellen Kostenersatz von maximal 10.000 Euro für deutlich zu niedrig: Er plädiert für eine Erhöhung bis zu 100.000 Euro und hält das angesichts der Budgetsituation der Justiz auch für leistbar.
Für Wolff wäre es höchste Zeit für eine Erhöhung der Entschädigung nach Freisprüchen. "Es sollte einem zu Unrecht Angeklagten, der dann freigesprochen wird, möglichst der gesamte Schaden ersetzt werden", sagt der Präsident des Rechtsanwaltskammertags. Den aktuellen Schadenersatz von maximal 10.000 Euro im Geschworenenverfahren hält er angesichts der komplexen, manchmal jahrelangen Verhandlungen für deutlich zu gering. Er plädiert für eine Anhebung auf bis zu 100.000 Euro.
Wolff verweist darauf, dass das Prozessrisiko im Strafverfahren deutlich höher ist als im Zivilprozess, wo die unterlegene Partei dem Sieger die Verfahrenskosten (weitgehend) ersetzen muss. "Da geht es um die persönliche Freiheit und die gesamte berufliche Zukunft", betont Wolff. Selbst bei einer nur bedingten Haftstrafe könne die damit verbundene Vorstrafe nämlich extrem hinderlich bei der Jobsuche sein.
Außerdem hält Wolff eine höhere Entschädigung angesichts der Budgetsituation der Justiz für durchaus leistbar. "Die Justiz könnte es sich gut leisten, aber sie muss immer ins allgemeine Budget hineinzahlen", so der Rechtsanwalt. Im Vorjahr hat das Justizministerium für die Rechtsprechung nämlich nur 966 Mio. Euro ausgegeben, aus diversen Gebühren aber 1,2 Mrd. Euro eingenommen.
Grundsätzliche Unterstützung für die Erhöhung der Entschädigungen kommt auch von der Richtervereinigung. "Wir haben für diese Forderung natürlich Verständnis. Das ist aber schlicht und ergreifend eine budgetäre Frage, die auf Ebene des Ressorts oder der Regierung zu klären ist", so Präsidentin Sabine Matejka.
Derzeit gibt es nach Freisprüchen im Geschworenenverfahren maximal 10.000 Euro Kostenersatz vom Staat, bei Schöffengerichten sind es 5000 und an Landes- und Bezirksgerichten noch weniger (maximal 3000 bzw. 1000 Euro). Für lange Prozesse deckt das allerdings bei weitem nicht alle Kosten ab. So gab der Hauptangeklagte im Tierschützerprozess, Martin Balluch, an, auf Verteidigungskosten von über 500.000 Euro sitzen geblieben zu sein.
(APA)