ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz darf nicht in die Ukraine

Screenshot aus der ORF-Sendung "ZiB 2 History" zum Thema "Der Krieg an Österreichs Grenze"
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Die Ukraine hat ein Einreiseverbot über den bekannten österreichischen Journalisten verhängt. Der Vorwurf: unter anderem "antiukrainische Propaganda".

Die Ukraine hat am Donnerstag gegen den ORF-Korrespondenten Christian Wehrschütz ein Einreiseverbot verhängt. Wie der Sprecher des Außenministeriums in Wien, Peter Guschelbauer, in einer schriftlichen Stellungnahme mitteilte, sei dies der österreichischen Botschaft in Kiew vom ukrainischen Außenministerium bestätigt worden. Der ukrainische Geheimdienst SBU hatte Wehrschütz zuletzt illegalen Grenzübertritt vorgeworfen, was der Journalist kategorisch dementierte. Die Rede war aber auch von "antiukrainischer Propaganda" des Korrespondenten.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) protestierte dagegen. Sie erklärte, das Einreiseverbot für Wehrschütz in die Ukraine sei ein "in Europa inakzeptabler Akt der Zensur". Die Außenministerin fügte hinzu: "Wir verurteilen dieses mit europäischen Grundwerten völlig unvereinbare Vorgehen und fordern die sofortige Aufhebung des Verbots." Wehrschütz selbst - so erklärte er in einer E-Mail am Donnerstagabend - lag zunächst keine offizielle Bestätigung von ukrainischen Behörden vor.

Auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz protestierte am Donnerstagabend "aufs Schärfste" gegen das Einreiseverbot. Dies stelle einen "inakzeptablen Eingriff in die journalistische Berufsausübung" dar. Wehrschütz sei "einer der renommiertesten Experten für Osteuropa". "Diese beispiellose Einschränkung der Medienfreiheit und Missachtung des öffentlich-rechtlichen Informationsauftrags im Dienst der österreichischen Bevölkerung" könne nicht toleriert werden. Wrabetz forderte die sofortige Aufhebung des Einreiseverbots.

Die ukrainischen Behörden werfen dem österreichischen Journalisten eine "bewusste Verletzung der ukrainischen Staatsgrenze", "Beteiligung an Rechtfertigungsversuchen der (russischen, Anm.) Annexion der Krim" sowie "antiukrainische Propaganda" vor.

Der ukrainische Botschafter Olexander Scherba hatte Mitte Februar die Verweigerung einer Frontgebietsakkreditierung für den Korrespondenten mit ORF-Dreharbeiten auf der umstrittenen Krim-Brücke im vergangenen Sommer begründet. Eigenen Angaben zufolge hatte Wehrschütz die Brücke zwischen der annektierten Halbinsel und dem russischen Festland damals jedoch nicht befahren.

Im Dezember des vergangenen Jahres hatte die Ukraine Wehrschütz eine Akkreditierung für die ostukrainischen Frontgebiete verweigert. Seit Wehrschütz damals über Schikanen durch ukrainische Behörden geklagt hatte, war in informierten Kiewer Kreisen über ein mögliches Einreiseverbot für den ORF-Korrespondenten spekuliert worden. Das nunmehrige Verbot dürfte jedoch erst in den allerletzten Tagen beschlossen worden sein: Noch am 21. Februar hatte der SBU erklärt, dass gegen den ORF-Korrespondenten "keine Entscheidung über einschränkende Maßnahmen" gefällt worden sei.

"Kritische Berichterstattung" der Grund?

Einer SBU-Sachverhaltsdarstellung zufolge, die die Ukraine im Februar an den OSZE-Medienbeauftragten übermittelt hatte, habe Wehrschütz am 30. Juli 2018 durch das Verlassen der Krim über die Krim-Brücke ukrainische Gesetze gebrochen. "Die Verletzung der Ein-und Ausreiseprozedur von vorübergehend okkupierten Gebieten der Ukraine in Verbindung mit folgenden propagandistischen und antiukrainischen Postings von Wehrschütz auf Facebook könnte laut Paragraf 332-1 des Strafrechts als strafrechtliches Delikt interpretiert werden und ist der Grund die Verweigerung der Frontgebietsakkreditierung", hieß es in dieser Darstellung.

Der ORF-Korrespondent betonte indes wiederholt, sich bei einer Krim-Reportage an alle ukrainischen Gesetze gehalten zu haben und die umstrittene Brücke über die Straße von Kertsch selbst nicht befahren zu haben. "Der Kern des Problems ist, dass die derzeitige Führung in der Ukraine kein Verständnis für eine objektive und kritische Berichterstattung hat", hatte Wehrschütz Ende Dezember sein damaliges Problem mit der Frontgebietsakkreditierung kommentiert.

Botschafter Scherba hatte damals versprochen, sich für Wehrschütz einzusetzen. Der Botschafter hatte damals bedauert, dass viele Ukrainer Wehrschütz als voreingenommen im Sinne Russlands sehen würden. "Ich bin überzeugt, dies hat weniger mit seiner 'kritischen Berichterstattung' gegenüber der Ukraine zu tun, sondern mehr mit seinem Ton und dem Ansprechen oder Verschweigen der Themen, die er für seine Berichterstattung wählt", meinte Scherba damals. Es sei sowohl das gute Recht von Wehrschütz, den Ton seiner Darstellung zu wählen, als auch das gute Recht der Ukraine darüber eine Meinung zu haben, ob dieser Ton und diese Darstellung ausgewogen sei oder nicht.

(APA)

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