In der EMEA-Region wurden im Vorjahr mehr als 20 Milliarden Euro in Hotels investiert. Für diese Assetklasse sprechen die gestiegenen Zimmerpreisraten, aber nicht alle Regionen und Städte profitieren gleichermaßen.
Die Stimmung der europäischen Hotelbetreiber und Investoren ist trotz der rasanten Kapazitätserweiterungen, der gestiegenen Investitionskosten und gesunkenen Renditen ungetrübt. Warnungen vor einer Blase insbesondere in den deutschen Hochburgen werden generell mit dem zu erwartenden Übernachtungswachstum und Angebotsengpässen in den nächsten Jahren weggedrückt. Festzuhalten ist, dass im vergangenen Jahr laut Erhebungen von Jones Lang LaSalle (JLL) in der Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) knapp 23 Milliarden Dollar (ca. 20,3 Mrd. Euro) in Hotels investiert wurden. Für das laufende Jahr rechnet JLL mit einem Transaktionsvolumen von 21,2 Milliarden Dollar (ca. 18,7 Mrd. Euro), was einer Abschwächung von fünf bis zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Deutschland bei Investoren vorne
Die rückläufigen Zahlen könnten damit zusammenhängen, dass in Europa in diesem Jahr weniger Portfoliotransaktionen, sondern mehr Einzeltransaktionen zu sehen sein werden. In diesem Kontext weist Stefan Giesemann, Executive Vice President der JLL Hotels & Hospitality Group, auch auf die zunehmend volatilen Aktienmärkte, Ungewissheit im Blick auf das Tempo zukünftiger Zinsanstiege, und die politischen Unsicherheiten in Großbritannien, Frankreich und Italien hin. Zu den bevorzugten Ländern in Europa zählt weiterhin der deutsche Markt. Wenngleich das Transaktionsvolumen am deutschen Hotelinvestmentmarkt 2018 4,7 Prozent hinter dem Vorjahresergebnis lag, scheint das Interesse der Investoren an deutschen Hotelimmobilien ungebrochen zu sein. „Der Rückgang des Volumens ist allein dem Produktmangel geschuldet“, sagt Olivia Kaussen, Head of Hotels bei CBRE. Gleichwohl drängt sich mit Blick auf die erheblichen Preissteigerungen die Frage auf, ob Investoren deutsche Hotels nicht inzwischen zu teuer sind und anderswo bessere Ankaufmöglichkeiten zu erwarten sind. Dagegen spricht jedoch die bemerkenswerte Hotel-Pipeline (siehe auch Artikel unten). Laut dem Datenanbieter STR sind in Deutschland 46.498 Zimmer in Planung oder Umsetzung, im Vereinigten Königreich 37.015, in Spanien 8377 und in Frankreich 6394. Festzustellen ist, dass der Marktzyklus in Deutschland weit fortgeschritten ist und in den Metropolen ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb droht. In Folge dessen könnten Sekundärmärkte wie Portugal oder Italien weiter in den Fokus professioneller Anleger rücken.
Hot-Spots in Europa
Im vergangenen Jahr verzeichneten die Hotels in Lissabon, Moskau und St. Petersburg (Fußball-WM), Paris, Brüssel und Berlin laut dem HVS Valuation Index den prozentual höchsten Anstieg beim Wert eines Hotelzimmers. Mit neun Prozent erzielte Lissabon das größte Wachstum in Europa, obwohl die portugiesische Stadt bereits im Jahr 2017 einen Anstieg von 15 Prozent vorweisen konnte. Die Analysten von HVS führen den durchschnittlichen Zimmerraten-Anstieg (RevPAR) von fünf Prozent vornehmlich auf die wachsende Popularität von Lissabon als Reiseziel internationaler Touristen, vornehmlich aus den USA, zurück. „Da in den nächsten drei Jahren viele Hotels aus dem Markt kommen, dürfte das RevPAR-Wachstum der Hotels in der Stadt aber abflachen“, sagt Magalí Castells, Senior Associate von HVS und Co-Autor des jährlich erscheinenden European Hotel Valuation Index (HVI). Trotz der politischen Unsicherheiten durch die Gilets Jaunes-Bewegung, ist Paris mit einem Wachstum pro Zimmer um sieben Prozent im diesjährigen Index unter die ersten fünf zurückgekehrt. Im laufenden Jahr erwartet HVS einen weiteren RevPAR-Anstieg der Pariser Hotels, wenngleich der bisherige Höchststand aus 2014 wohl nicht erreicht wird. Ähnlich positiv zeigen sich die Analysten für Brüssel und Berlin. Während die Aussichten in Brüssel dank der steigenden Zimmerraten und hohen Auslastung weiterhin optimistisch erscheinen, ist die langfristige Prognose für Berlin auch wegen der Eröffnung des neuen brandenburgischen Flughafens im Jahr 2021 positiv.
Rekord-Profite in Wien
Auch in Wien stiegen die Performance-Kennzahlen: Nach Berechnungen von Hot-Stats erhöhte sich der Brutto-Profit per verfügbarem Raum (GOPPAR) um rekordverdächtige 24,2 Prozent. Gestützt wurde dieses Wachstum durch einen Anstieg der Erlöse pro verfügbarem Zimmer (plus 25,5 Prozent auf 191,35 Euro), eine um 5,8 Prozentpunkte erhöhte Auslastung und einen Anstieg der durchschnittlichen Zimmerrate um 17,3 Prozent auf 217,28 Euro. Dagegen verzeichneten nur sechs der von HVS analysierten Märkte – Barcelona, Hamburg, Manchester, Warschau, Genf und Stockholm einen zum Teil währungsbedingten Wertverlust. Generell lässt sich feststellen, dass sich der Anteil der Investorentypen, die in Hotels investieren, verbreitet hat und weiter ausdifferenzieren wird. Die Herausforderung wird sein, jene Städte für Portfolioinvestments auszuwählen, die ein hohes Übernachtungswachstum und überdurchschnittliche RevPar-Steigerungen erwarten lassen.
AUF EINEN BLICK
Für heuer rechnet das Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) in der Region EMEA mit einem Transaktionsvolumen von knapp 19 Mrd. Euro. Das entspricht einem Rückgang zwischen fünf und zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr, der aber teilweise dem Produktmangel geschuldet ist. Während sich in deutschen Städten bereits ein Verdrängungswettbewerb ankündigt, rücken andere Metropolen in den Blick der Investoren. Dazu gehören Lissabon, Paris und Brüssel. Wien brillierte im Vorjahr mit einem Rekordanstieg beim Bruttoprofit per verfügbarem Zimmer (GOPPAR).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2019)