Weg mit den Aufmerksamkeitsräubern

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Lernen und arbeiten. Digitale Verführer, Unter- und Überforderung behindern gutes Arbeiten. Mehr Mut zu spielerischen Zugängen hilft: Dann ist es gar nicht schwer, in den Flow zu kommen.

Die besten Momente erleben wir, wenn wir Körper und/oder Geist mit freiwilliger Anstrengung an die Grenzen treiben, um etwas Schwieriges und Sinnvolles zu erreichen, so formulierte es Mihály Csíkszentmihályi, emeritierter Professor für Psychologie an der University of Chicago. Er befasst sich intensiv mit dem Flow-Zustand. Wer diesen erreicht, dem fällt es leicht, Aufgaben zu erfüllen, gleichgültig, worin sie bestehen.

So schwer ist es gar nicht, in den Flow zu kommen. Wichtig ist, Störfaktoren und Aufmerksamkeitsräuber abzuschalten – zum Beispiel das Mobiltelefon. Ebenso, sich mit der Aufgabe weder zu unter- noch zu überfordern. Aufgaben im Team zu erledigen erhöht laut einer Studie der St. Bonaventure University zusätzlich die Chancen, in den Flow zu kommen.

Wenig überraschend geraten Menschen beim Spielen in den Flow: volle Konzentration, Klarheit über die Ziele, unmittelbares Feedback.

Dementsprechend operationalisiert Behavioral Design Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie und gestaltet Prozesse so, dass Menschen ein gesetztes Ziel gut erreichen können. „Gamification ist eines dieser Instrumente, das längerfristige Aufmerksamkeit zu steigern vermag und Menschen dazu motiviert, eine Aufgabe länger aufrechtzuerhalten“, sagt Maresa Wolkenstein, Research-&-Develop-Manager bei Styria Digital One. Gamification-Elemente finden daher – oft unbemerkt – Eingang in den Arbeitsalltag. Gamification ist ein Ansatz, die Faszination von Spielen und die daraus resultierende Einsatzbereitschaft, die Ausdauer und die Zielstrebigkeit für die Arbeit zu erschließen. Das heißt etwa, den Status bzw. Fortschritt in der Erledigung einer Aufgabe sichtbar zu machen, Ranglisten zu erstellen oder Aufgaben als Quest zu formulieren: Aufgaben, die innerhalb einer bestimmten Zeit zu erledigen sind.

Dass Gamification im Kontext von Lernumgebungen sinnvoll ist, zeigte eine Studie der Rotman School of Management, University of Toronto: Traditionelles Lernen ist oft mit negativen Emotionen behaftet. Lernende lassen sich durch Smartphones ablenken oder sie trauen sich bei Verständnisproblemen nicht nachzufragen, weil sie sich vor der Peer-Gruppe keine Blöße geben möchten.

„Individuelle Playfulness“

Gamifizierte Lernumgebungen schaffen es hingegen eher, die Aufmerksamkeit der Lernenden zu bündeln (man kann zwar mehrere Screens verwenden, aber man kann sich nur auf einen konzentrieren), und ermöglichen es ihnen, Inhalte nach individuellem Lerntempo zu absolvieren.

Wobei Gamification auch wieder sehr differenziert zu betrachten ist. „Es ist eine Frage der individuellen Playfulness und der Persönlichkeit, wie jemand auf Gamification reagiert“, sagt Gerhard Fehr, CEO & Behavioral Designer, FehrAdvice. Und es brauche viel „Experimentability, um die richtigen Treatments für die jeweiligen Zielgruppen zu schaffen“.

Noch aber ist Gamification in den Unternehmen ein Fremdwort. 71 Prozent der im Rahmen des „Hernstein Management Reports“ befragten Führungskräfte konnten im Herbst 2018 nichts damit anfangen. Gamification erschien 41 Prozent der Führungskräfte unter 40 Jahren als sinnvolle Ergänzung zu Motivation und Bindung von Mitarbeitern. Bei Führungskräften Ü40 sind es 21 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2019)

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