IV-Präsident Kapsch schlägt vor, alle Feiertage abzuschaffen - ohne jemandem etwas wegzunehmen. Konkret: Die Feiertage könnten in Urlaubstage umgewandelt werden.
Äußerst umstritten ist der Gesetzestext von ÖVP und FPÖ über die Neuregelung des Karfreitags. Dass der Tag aus dem Feiertagskalender gestrichen wurde, werde zu Rechtsstreitigkeiten führen, prophezeiten bereits mehrere Rechtsexperten. Nicht nur der Gewerkschaftsbund (ÖGB) will die Novelle von einem Gutachter rechtlich prüfen lassen, auch die Evangelische Kirche kündigte am Samstag entsprechende Schritte an.
Einen neuen Vorstoß wagte indes der Präsident der Industriellenvereinigungs Georg Kapsch. Im Interview mit dem "Kurier" meinte er: "Meine ganz persönliche Meinung - und nicht die der Industriellenvereinigung - ist die, dass man sich die Frage stellen sollte, wie viele freie Tage Menschen in einem Jahr haben sollen. Ob das dann 25, 30, 35 sind, ist die eine Sache. Das lässt sich ausverhandeln. Und dann könnte man die Feiertage abschaffen. Wobei sich ohnedies die Frage stellt, warum der Staat religiöse Feiertage anordnet."
Auf die Nachfrage, ob die Anzahl der bestehenden Feiertage dann in zusätzliche Urlaubstage umgewandelt werden sollten, antwortete Kapsch: "Das ist ein Denkansatz, ja. Jedenfalls könnten die Menschen dann selbst entscheiden, ob sie zu religiösen Festen frei nehmen oder nicht. Und niemandem würde man damit etwas wegnehmen. Das wäre eine innovative Lösung."
Die Regierungsparteien reagierten umgehend auf den "Denkansatz", den sie klar ablehnten. Sowohl ÖVP-Klubchef August Wöginger wie auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky kritisierten die Überlegungen als "realitätsfremd" beziehungsweise "absurd".
Wöginger: "Wesentlicher Bestandteil in Österreich"
"Die Aussage von IV-Präsident Georg Kapsch, die Feiertage abzuschaffen, ist vollkommen realitätsfremd, um nicht zu sagen absurd", sagte Wöginger. "Feiertage sind und bleiben wesentlicher Bestandteil in Österreich, nicht nur für die Religionsausübung, Zeit für die Familien sondern auch für die Freizeitgestaltung und das Ehrenamt. Als Volkspartei garantieren wir, dass daran niemals gerüttelt wird."
Auch Vilimsky wies die Idee strikt zurück: Die "Feiertags-Fantasien" Kapschs seien "ein völlig entbehrlicher Diskussionsbeitrag. Die Umwandlung von gesetzlichen Feiertagen in persönliche Urlaubstage wird es niemals in Österreich geben und wäre auch nur absurd". Es sei "völlig unverständlich, warum Herr Kapsch hier medial für Verunsicherung sorgt".
Klares SPÖ-Nein zu Kapsch-Vorschlag
Dieser Vorstoß lasse "alle Alarmglocken schrillen", sagte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch am Samstag in einer Aussendung. Denn es habe sich "schon oft gezeigt, dass ÖVP und FPÖ willfährige Erfüllungsgehilfen der Wirtschaft sind", so der SPÖ-Abgeordnete. "Obwohl ÖVP und FPÖ in einer ersten Reaktion zurück gerudert sind, bleibt der Eindruck, dass Kurz und Strache die Geister, die sie riefen, offenbar nicht loswerden. Da hilft auch das ganze Dementieren nichts", sagte Muchitsch. Die ÖVP-FPÖ-Regierung vertrete nicht die Interessen der Arbeitnehmer, sondern hänge "am Gängelband von Industrie, Wirtschaft und ihrer Großspender", das habe die Koalition "mit der Einführung des 12-Stunden-Tags deutlich bewiesen". Auch "die Streichung des freien Karfreitags" habe gezeigt, "dass in der Regierung Industrie und Wirtschaft den Ton angeben".
Evangelische Kirche prüft rechtliche Schritte
Die Evangelische Kirche A.B. prüft rechtliche Schritte gegen die von der türkis-blauen Koalition beschlossene Karfreitagslösung. Ein entsprechender Antrag wurde am Samstag von der Sondersynode in Wien einstimmig angenommen. Konkret heißt es in dem Antrag, die Synode beauftragt den Oberkirchenrat zu prüfen, inwieweit die neuen gesetzlichen Regelungen zum Karfreitag im Arbeitsruhegesetz und im Feiertagsruhegesetz verfassungs- und unionswidrig sind. Weiters soll geprüft werden, ob "allenfalls gerichtliche Schritte auf Kosten und Risiko der Evangelischen Kirche A.B. einzuleiten" sind.
Außerdem werden mit dem Beschluss der Oberkirchenrat und der Finanzausschuss beauftragt, durch einen Nachtragshaushalt die erforderlichen Mittel dafür bereitzustellen. Ebenfalls beschlossen wurde von der Synode eine Resolution, in der der Karfreitag als Feiertag für alle gefordert wird. Dass dafür nach dem Beschluss des Nationalrates ein Urlaubstag genommen werden muss, wird abgelehnt.
(Red./APA)