Wie unterscheidet sich ein Gottesdienst der evangelischen Christen von einer katholischen Messe? Und warum sehen ihre Kirchen so schlicht aus? Ein sakraler Vergleich.
Woran erkennt man, zu welcher Konfession eine österreichische Dorfkirche gehört? Wenn sie katholisch ist, kommen die Bauern bei der Predigt heraus, um eine Zigarette zu rauchen. Bei einer evangelischen Kirche stehen die Bauern die ganze Zeit draußen und gehen nur zur Predigt hinein . . .
Das erzählte man sich in den Achtzigerjahren, als Bauern noch rauchten (und in die Kirche gingen), unter evangelischen Christen – mit Selbstbewusstsein: Uns ist das Wort wichtig und nicht so sehr der Ritus! Diese Betonung des Wortes, des Inhalts, ja: der Ratio gilt bis heute als typisch evangelisch. Doch abgesehen davon, dass Martin Luther wie für so vieles auch für die Vernunft derbe Worte gefunden hat („des Teufels Hure“) – eine Stelle aus dem Philipperbrief wird in fast jedem evangelischen, aber kaum in einem katholischen Gottesdienst als Segen gesprochen: „Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus.“ Klingt nicht wirklich nach seelenloser Vernunftreligion.