Doppelt museumsreif: Beaubourg im Louvre

Unverwechselbar: das Centre Pompidou. Überraschend: aufgebaut im Louvre.
Unverwechselbar: das Centre Pompidou. Überraschend: aufgebaut im Louvre.(c) Louis Vuitton
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Nicolas Ghesquière ließ sich vom Treiben vor dem Centre Pompidou inspirieren und holte das Museum für Louis Vuitton in den Louvre. Bei Valentino trug man Poesie spazieren.

Die Aufregung, die der Bau des Centre Georges-Pompidou 1977 auslöste, ist heute kaum nachzuvollziehen: Häuserblocks mussten geschliffen werden, die Architektur von Renzo Piano und Richard Rogers verstörte, und das alles auch noch für ein Kunstmuseum!

Nicolas Ghesquière, Jahrgang 1971, ist zu jung, um diese Empörung selbst miterlebt zu haben, er ließ sich jedoch von dem ebenso markanten wie heute untrennbar mit dem Antlitz von Paris verbundenen Gebäude inspirieren und widmete ihm kurzerhand die Herbstkollektion von Louis Vuitton. Das äußerte sich zum einen in der Showarchitektur: Man baute in einen Innenhof des Louvre, wo die Defilees der Luxusmarke derzeit stattfinden, eine Replik des Centre Pompidou (viele Pariser nennen das Museum nach dem umliegenden Viertel einfach Beaubourg). Echos der unverwechselbaren Röhren an der Fassade fanden sich vereinzelt in Drucken wider, und Ghesquière gab an, vom bunten Treiben der Menschen auf dem Vorplatz des Museums für seine eklektizistische Kollektion inspiriert worden zu sein.

Das Mischen und Neu-Zusammenfügen verschiedenster Versatzstücke ist freilich Teil von Ghesquières Design-ABC, weshalb er die Inspiration eines urbanen Wimmelbilds in eine überzeugende Kollektion transponierte.

Liebespoesie. Zu den Designern der Stunde zählt weiterhin Pierpaolo Piccioli bei Valentino. Auch er legte Zeugnis von weit über die Mode hinausgehenden persönlichen Interessen ab und widmete sich der Dichtung: Vier Poeten wurden von Piccioli eingeladen, Gedichte zum Thema seiner Kollektion („On Love“) zu schaffen – diese wurden in einem Gedichtband an die Gäste verteilt. Für Stoffdrucke in der Kollektion kooperierte Piccioli mit seinem Designerkollegen Jun Takahashi: Prominente Rosenmotive, die in auffällig vielen Kollektionen der internationalen Modewochen zu sehen waren, unterstrichen auch hier einen romantisch geprägten Gesamteindruck.

Weiterhin ihre Mission eines „female empowerment“, also der Ermächtigung von Frauen in der Gesellschaft, verfolgt mit modischen und anderen Mitteln Maria Grazia Chiuri im Hause Dior: Schickte sie als ersten Look ihrer allerersten Dior-Kollektion ein Slogan-T-Shirt mit der Aufschrift „We Should All Be Feminists“ über den Laufsteg, zitierte sie diesmal den Titel der überaus einflussreichen, von Robin Morgan herausgegebenen Anthologie „Sisterhood Is Global“ aus dem Jahr 1984. Die Mode selbst stand inhaltlich nicht in Zusammenhang mit diesem Unterbau: Die Inspiration waren die sogenannten Teddy Girls aus dem Großbritannien der Nachkriegszeit.

Für ihre in Paris gezeigte jüngere Zweitlinie geht Miuccia Prada meist von anderen Ausgangspunkten aus als für das Maison Prada. Diesmal schien sich der Mix aus floralen und „toughen“ Elementen aber durchzuziehen, auch Capes gab es hier wie da zu sehen – wenngleich dominanter bei Miu Miu. Eine verstörende Art von Romantik, in Form für das 21. Jahrhundert gebracht: Das ist Frau Pradas Leitbild für die Saison, die das dritte Jahrzehnt des Jahrtausends einläuten wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2019)

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