„Hoher Budgetüberschuss ist Anlass zur Sorge“

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Der Ökonom Gabriel Felbermayr kritisiert den hohen Budgetüberschuss in Deutschland, der so nicht geplant gewesen sei. Viele Projekte seien budgetiert gewesen, wurden aber nicht umgesetzt. Das Geld blieb liegen.

Wien. Für ihre guten Budgetzahlen haben die Deutschen schon so einiges an Anerkennung eingeheimst. Das vierte Mal in Folge haben die Nachbarn 2018 einen Budgetüberschuss geschafft. Es stand sogar ein sattes Plus von 1,7 Prozent unter dem Budgetstrich. Ein Ergebnis, das bei so manchen anderen Finanzministern Neid schürt. Sollte man meinen. Aber so gut ist das gar nicht, findet Gabriel Felbermayr, Ökonom und Leiter des renommierten Instituts für Weltwirtschaft in Kiel. „Das ist nichts, was einen mit Stolz erfüllen sollte, sondern mit Sorge“, sagte Felbermayr am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Wien. Was er meint: Viele Projekte seien budgetiert gewesen, das Geld wurde aber nicht abgeholt. Zum Beispiel die Sanierung von Brücken und Schulen. Und die Besetzung von hundert Professuren für künstliche Intelligenz – auch das war eingeplant, wurde aber nicht umgesetzt. Der Budgetüberschuss sei in dieser Höhe nicht geplant gewesen. Sondern eine „schwarze Null“, sagt Felbermayr. Der hohe Überschuss sei also nicht Ausdruck von Sparsamkeit, sondern von Planungsfehlern, sagt der Ökonom, der im oberösterreichischen Steyr geboren wurde und seit diesem März dem IfW vorsteht.

Weniger Wachstum

Das Institut hat am gestrigen Mittwoch seine Frühlingsprognose vorgelegt. Demnach wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt heuer nur um ein Prozent wachsen statt wie bisher angenommen um 1,8 Prozent. Das liegt vor allem am Schwächeln der Industrie zu Jahresbeginn. Außerdem würden politische Unsicherheiten, Handelskonflikte und die Unklarheit über den wirtschaftlichen Zustand Chinas den Ausblick belasten. Eine Rezession, wie zuletzt vermutet, sei aber nicht in Sicht, sagt Felbermayr. Die deutsche Wirtschaft kühle ab, aber sie friere noch nicht.

Und damit wird es auch in Österreich kälter. Deutschland ist Österreichs wichtigster Handelspartner, die Verflechtung habe zuletzt sogar intensiv zugenommen, sagte Thomas Gindele, Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Österreich. Wächst die deutsche Wirtschaft um einen Prozentpunkt weniger, bedeute das für Österreich ein Minus von einem Viertel-Prozentpunkt, lautet die Daumenregel laut Felbermayr. Für Österreich sieht das IfW heuer ein Wachstum von 1,2 Prozent, voriges Jahr waren es 2,8 Prozent. (hie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2019)

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