Fragen und Antworten: Gibt es ein Streikrecht für Schüler?

Bundeskanzler Kurz freut sich, dass "junge Menschen ihre Stimme erheben". Aber dürfen sie während der Unterrichtszeit überhaupt streiken? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die weltweiten Schülerstreiks gegen die Klimapolitik ihrer Regierungen erreichen diese Woche einen Höhepunkt. In Österreich soll in elf Städten ab Vormittag unter dem Motto "Fridays for Future" demonstriert werden. Viel diskutiert wird die Frage, ob die Schüler während der Unterrichtszeit überhaupt demonstrieren gehen dürfen. Auch der Bundeskanzler hat sich zu Wort gemeldet.

Gibt es ein Streikrecht für Schüler?

Anders als bei Arbeitnehmern gilt für Schüler kein Streikrecht. Wer während der Unterrichtszeit an einer Demo teilnimmt, muss also grundsätzlich mit unentschuldigten Fehlstunden rechnen. Laut Schulunterrichtsgesetz dürfen Schüler dem Unterricht nur fernbleiben, wenn sie krank sind, in ihrem Leben "außergewöhnliche Ereignisse" stattfinden oder wenn durch den Schulweg ihre Gesundheit gefährdet wäre.

Kann Schülern die Teilnahme an der Klima-Demo dennoch erlaubt werden?

Das ist Interpretationssache. Grundsätzlich kann der Klassenvorstand Schülern bis zu einem Tag und der Schulleiter darüber hinaus ein "Fernbleiben aus wichtigen Gründen" erlauben. Die Bildungsdirektionen im Burgenland sowie in Oberösterreich, der Steiermark, Kärnten und Tirol wollen die Entscheidung, ob die Demo-Teilnahme als Entschuldigungsgrund gilt, deshalb den einzelnen Schulen überlassen. Für die Bildungsdirektionen in Wien, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg handelt es sich hingegen auf jeden Fall um unentschuldigte Fehlstunden.

Und was sagt das Bildungsministerium?

Ressortchef Heinz Faßmann (ÖVP) zeigt zwar grundsätzlich Verständnis für das Anliegen der Schüler, plädiert aber für Demonstrieren außerhalb der Unterrichtszeit. Rechtlich obliegt die Entscheidung, wann Schüler dem Unterricht fernbleiben dürfen, den Bildungsdirektionen der Länder - und diese gehen eben unterschiedlich mit dieser Frage um.

Was bedeuten unentschuldigte Fehlstunden für die Schüler?

Heikel wird es erst bei mehrmaligem Fehlen. Für Jugendliche bis 15 Jahre gilt der Schulschwänz-Paragraph, laut dem Schulpflichtverletzungen als Verwaltungsübertretung gelten. Je nach Schwere, spätestens aber bei mehr als drei ungerechtfertigten Fehltagen während der neunjährigen Pflichtschulzeit, müssen die Erziehungsberechtigten bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt werden zwischen 110 und 440 Euro Strafe bezahlen. Fehlen Schüler nur wenige Stunden, setzt es vermutlich nicht einmal eine Verwarnung: Diese kommt laut den Erläuterungen zum Gesetz erst "für grobe oder häufig auftretende Verfehlungen" in Betracht.

Ältere Schüler können außerdem laut der seit diesem Schuljahr gültigen Fassung von Paragraph 45 des Schulunterrichtsgesetzes ihren Schulplatz verlieren, wenn sie mehr als eine Woche bzw. fünf nicht zusammenhängenden Schultage oder 30 Unterrichtsstunden im Unterrichtsjahr unentschuldigt fehlen. Wenn sie nicht innerhalb einer Woche die Gründe für ihr Fernbleiben melden, werden sie automatisch vom Unterricht abgemeldet. Für wenige Stunden Fehlen gibt es also auch hier keine Konsequenzen.

Und was sagt der Bundeskanzler?

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat in einem Statement die Klima-Demos am Freitag positiv bewertet. "Es ist wichtig, dass gerade junge Leute eine Meinung haben, mitreden und mitgestalten wollen. Ich freue mich immer, wenn junge Menschen ihre Stimme erheben. Insbesondere dann, wenn ich das inhaltliche Anliegen teile", so der Bundeskanzler am Donnerstag.

Kurz finde es gut, dass Schülerinnen und Schüler in einer weltweit vernetzten Aktion auf den Klimaschutz hinweisen. "Das ist in einer Zeit umso wichtiger, wenn der internationale Schulterschluss gegen den Klimawandel gefährdet ist und es einzelne Staaten gibt, die bereits geschlossene internationalen Vereinbarungen nicht einhalten. Gerade deshalb sehe ich die Demonstrationen am Freitag als Ausdruck einer meinungsstarken jungen Generation. Neben der Demo als öffentliches Zeichen, sehe ich auch die Notwendigkeit nach mehr Bewusstseinsbildung und Verhaltensänderung. So soll auch im Unterricht vermehrt auf den Klimaschutz eingegangen werden, damit auch jeder selbst einen Beitrag leisten kann", hieß es in dem Statement.

(APA)

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