Die Erschießung von 48 Japanern in einem Kriegsgefangenenlager 1943 sowie der Amoklauf eines Sonderlings mit insgesamt 14 Todesopfern 1990 waren bisher die schlimmsten Bluttaten im an sich friedlichen Neuseeland seit dem 20. Jahrhundert.
Das Massaker von Christchurch auf Neuseelands Südinsel mit seinen - bisher - 49 Todesopfern ist laut lokalen Medienberichten das schlimmste Verbrechen in Neuseeland und Australien zumindest seit 1943, ja seit dem gesamten 20. Jahrhundert.
Als opferreichste Tat galt in Neuseeland seit dessen Unabhängigkeit 1907 bisher die sogenannte "Featherston Riot" von 1943: Dabei erschossen Wächter in einem Kriegsgefangenenlager für Japaner 48 Gefangene. Auch ein Neuseeländer kam ums Leben.
Die exakten Vorgänge sind bis heute unklar. Featherston war ein bereits im Ersten Weltkrieg angelegtes Militärcamp nahe der Hauptstadt Wellington auf der Nordinsel, wo allein 1914 bis 1918 mindestens 60.000 Mann ausgebildet wurden. Zeitgleich war dort eine kleinere Anzahl Deutscher inhaftiert, die man 1914 bei der Besetzung deutscher Pazifikgebiete (konkret Samoa) gefangengenommen hatte.
Ab 1942 wurde die Garnison auf Wunsch der USA erneut als Gefängnis genutzt. Mindestens 900 Japaner und von diesen zwangsverpflichtete Koreaner, zumeist Gefangene von den Land- und Seeschlachten auf bzw. bei den Salomoneninseln, wurden dort inhaftiert.
Am 25. Februar 1943 traten rund 240 Gefangene in Streik, setzten sich auf den Boden und verweigerten die Zwangsarbeit. Ihr Sprecher, ein Vizeleutnant, der ein Gespräch mit der Lagerleitung forderte, wurde aus ungeklärtem Grund von einem Wächter angeschossen, worauf die Japaner sich offenbar Berichten zufolge daran machten, die Wächter anzugreifen, und Steine warfen. Nun ging ein Kugelhagel aus Gewehren, Revolvern und Maschinenpistolen auf sie nieder. Innerhalb von 30 Sekunden waren 31 Japaner tot und 70 verwundet, von Letzteren starben später noch 17 Männer. Ein Soldat wurde von einem Querschläger getötet und mehrere von Steinen verletzt.
In Featherston finden bis heute jährliche Gedenkfeiern statt, zu denen in der Regel der japanische Botschafter in Neuseeland anreist.
Der Amoklauf von Aramoana
Spätere Massentötungen in dem Inselstaat hatten weit geringere Umfänge. Am brutalsten war dabei jener Vorfall, bei dem ein gewisser David Gray im November 1990 in einer kleinen Siedlung an der Küste nahe Dunedin auf der Südinsel 13 Menschen nach einem Nachbarschaftsstreit erschoss. Der "Amoklauf von Aramoana" trug sich am 13. und 14. November in dem kleinen Nest Aramoana zu und führte zu einer Verschärfung der Waffengesetze.
Gray, damals 34, wurde als eigenartiger Einzelgänger beschrieben, der mit einem Metalldetektor am Strand auf und ab ging, in einer kleinen Hütte lebte und scheinbar beschäftigungslos war. Er hatte sich mit verschiedenen "schwierigen" Personen im Ort - er war eigentlich zugezogen - zerstritten und wurde bisweilen von diesen gemobbt.
Am 13. November 1990 gegen 20.00 Uhr geriet Gray mit seinem Nachbarn, Garry Holden, in Streit, weil dessen Kinder häufig über sein Grundstück liefen.
Holden dürfte auf Grays Grund vorgedrungen sein und ihn bedroht haben, worauf dieser ein Sturmgewehr chinesischen Typs aus seinem Haus holte und Holden erschoss. Darauf begann er einen Amoklauf, erschoss im Nachbarhaus Holdens elfjährige Tochter und eine Freundin von ihr. Ein Kind floh zu anderen Nachbarn, die die Polizei riefen, doch begann Gray mittlerweile wahllos auf andere Menschen, die zufällig im Freien waren, zu schießen.
Eine Nachbarsfamilie wurde fast komplett ausgelöscht, darunter zwei kleine Kinder. Gray drang in Häuser ein und erschoss weitere Menschen.
Als die Polizei eintraf, entwickelte sich ein Versteckspiel mit Gray, der einmal vorgab, sich zu ergeben, aber dann floh und einen Beamten erschoss. Als es dunkelte, verlor sich seine Spur. Erst am nächsten Morgen fand ein Polizeihubschrauber den Schützen, er musste aber abdrehen, als er unter Feuer geriet.
Eine Spezialtruppe der Polizei hatte Gray mittlerweile eingekesselt. Er war in einem kleinen Haus und schoss auf die Beamten. Eine Tränengasgranate trieb ihn ins Freie, wo er erneut auf die Spezialtruppe schoss und letztlich von dieser niedergeschossen wurde. Trotz fünf Treffern in Kopf und Oberkörper wehrte er sich bei seiner Festnahme, es entstand gar eine Rauferei. Letztlich starb er auf dem Weg ins Spital.
Änderung des Waffenrechts 1992
Nach diesem Blutbad wurden 1992 alle Waffenscheine, die zuvor traditionell sehr liberal ausgegeben worden waren, eingezogen. Wer wieder einen wollte, musste ihn neu beantragen. Er war aber nur mehr für zehn Jahre statt bis zum Lebensende gültig, teurer, und verlangte eine strengere Prüfung als bisher. Verschiedene Waffen bzw. Waffenbestandteile wurde verboten.
Der Amoklauf wurde anno 2006 in "Out of the Blue – 22 Stunden Angst" verfilmt.
An weiteren blutigen Mordtaten mit mehreren Opfern listen neuseeländische Medien (nicht abschließend) noch auf:
* Den Amoklauf von Hokitika auf der Südinsel, wo ein Bauer namens Stanley Graham im Oktober 1941 vier Polizisten und drei weitere Personen erschoss, bevor man ihn nach einer fast zweiwöchigen Flucht tötete, als er durchs Buschland kroch.
Mehrere hundert Polizisten, Soldaten und Männer der Home Guard waren auf der Jagd nach ihm gewesen. Auslöser war ein Streit mit einem Nachbarn, den der damals schwer verschuldete Graham verdächtigt hatte, er würde seine Rinder vergiften.
* Ebenfalls ein Landwirt namens Brian Schlaepfer (64) erschoss bzw. erstach im Mai 1992 sechs Verwandte, darunter seine Frau und drei Söhne, in seiner Farm, bevor er sich selbst tötete. Schauplatz des Gemetzels war der Weiler Paerata nahe Auckland auf der Nordinsel. Das Motiv Schlaepfers blieb unklar, er soll allerdings an schweren Depressionen gelitten haben.
* Wenig später, im Juni 1992, erschlug und erstoch Raymond Ratima (25), ein Maori, sieben Verwandte in Masterton auf der Nordinsel. Unter den Opfern waren seine drei Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren. Ratima war verschuldet, arbeitslos, trank und nahm Drogen. Als er gegenüber seiner Frau und Verwandten gewalttätig wurde, verwiesen ihn die Behörden des Hauses seiner Schwiegereltern, wo er, seine Frau und Kinder damals notgedrungen lebten.
Ratima zog mehrere Tage ziellos und fast ohne Geld herum und drang schließlich am späten Abend des 26. Juni mit einem Hammer und einem Messer in das Haus ein, wo er so grauenhaft zu wüten begann, dass nicht wenige der Ermittler und anderen späteren Zeugen am Schauplatz psychisch schwer angeschlagen wurden.
Dann wartete er auf die Rückkehr seiner Frau Toni und der Schwiegereltern, die an dem Abend in einem Pub waren. Ein anderer Verwandter, der mit diesen zusammen später zum Haus kam, konnte Ratima überwältigen, als er die Leute mit einem Softballschläger angriff.
Ratima wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei mehreren Gelegenheiten, wo die Justiz gesetzesgemäß über eine vorzeitige Entlassung zu befinden hatte, lehnte man das ab. Zuletzt wurde die Haft 2017 um vier Jahre verlängert, weil er seine Morde immer noch zu verteidigen versuche und eine gewisse Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle.