Unternehmensgründung – Traumjob oder Horrorszenario?

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Auf zum Traumjob. Folge 4. Der Schritt in die Selbstständigkeit ist in unserer Gesellschaft hochangesehen und wird von vielen bewundert. Welche Folgen diese Entscheidung letztendlich für viele hat, bleibt oft im Dunkeln.

15 Minuten Ruhm oder besser gesagt 2 Minuten 2 Millionen sind in unserer schnelllebigen Zeit noch davon übriggeblieben. Der Start-up-Boom hat seit einigen Jahren auch Europa, respektive Österreich erreicht und die Start-up-Szene hat sich mittlerweile als fixer Bestandteil in unserem Wirtschaftsleben etabliert.

Es entsteht beinahe der Eindruck, als wäre jede Unternehmensgründung heute ein Start-up mit unendlicher Skalierbarkeit. Wer sich einfach nur selbstständig machen will, sei es mit einem kleinen Cafe, einem Bastelgeschäft oder gar als Qui-Gong-Lehrer ist beinahe schon old school. Und das obwohl im Jahr 2016 nur maximal drei Prozent aller Neugründungen in Österreich auf Start-ups entfielen und für Start-up-Gründer dieselben ökonomischen Grundregeln gelten wie für alle anderen Neugründer. Wenn die Scheinwerfer nach zwei Minuten erst mal erloschen sind, dann geht es allen Gründern ähnlich und sehr rasch eben darum, wie viel Umsatz erwirtschaftet werden kann, damit die Kosten am Ende des Tages gedeckt sind. Im Falle von Start-ups, dass die Investoren eine fette Rendite einfahren können.

Wenn es anders kommt, was laut Start-up-Experten in neun von zehn Fällen der Fall ist, ich persönlich glaube ja, dass die Dunkelziffer nicht erfolgreicher Start-ups weitaus höher ist, sieht die Welt für die einst gehipten Gründer wie für alle anderen sehr schnell sehr düster aus. Aber was treibt Menschen trotzt der hohen Misserfolgschancen dazu an, ein Unternehmen gründen zu wollen bzw. sich selbstständig zu machen?

Warum entscheide ich mich für die Selbstständigkeit?

Die Motive sich selbstständig zu machen sind mannigfaltig. Manche wollen ihre eigene Idee umsetzen, auf Start-up-Gründer trifft dieses Motiv tendenziell häufiger zu als auf andere Gründer. Andere wiederum wollen sich damit ihre eigenen Rahmenbedingungen schaffen und sich nicht mehr der Fremdbestimmung eines Angestelltenverhältnisses unterwerfen und wieder andere wollen einfach nur schnell es geht so viel Cash wie nur möglich verdienen.

Für den späteren Erfolg eines Unternehmens ist das ursprüngliche Motiv meines Erachtens nicht unbedingt ausschlaggebend. Was auch immer Sie letztlich antreibt, irgendwann treffen Sie die Entscheidung von nun an selbstständig tätig zu sein. Weitaus wichtiger als das Motiv ist es für mich meine Karrierecoaching-Kunden darauf vorzubereiten, was Sie in der Selbstständigkeit erwartet und welche Kompetenzen in ihrer Rolle als Unternehmer wichtig sein werden.

Welche Kompetenzen sind in meiner Rolle als Unternehmer wichtig?

Es sind viele unterschiedliche Kompetenzen, die einen erfolgreichen Unternehmer ausmachen. Eine ganz entscheidende ist das Thema Resilienz, also die Fähigkeit wie gut man mit Rückschlägen umgehen kann, denn in der Regel ist der Weg in der Selbstständigkeit ein sehr steiniger und Unternehmen die von Beginn an florieren, sind eher die Ausnahme.

Resilienz ist somit insofern wichtig, um beispielswiese nicht zu früh das Handtuch zu werfen, also zum Beispiel wenn ein größerer Auftrag nicht zu Stande kommt oder die Kosten für den in Auftrag gegebenen Webshop unvorhergesehen explodiert sind. Jeder Mensch ist unterschiedlich stark resilient, aber Resilienz kann auch erlernt bzw. gestärkt werden.

Ich persönlich fand es immer hilfreich, das negative Ereignis in einen größeren Rahmen zu stellen. Im dem Moment, wenn es geschieht, bricht ja für einen bekanntlich beinahe die eigene Welt zusammen. Mit der Frage: "Angenommen ich blicke auf mein Leben zurück, welche Bedeutung wird dieses Ereignis dann für mich einnehmen?", gelingt es nach einiger Zeit die notwendige Gelassenheit zu entwickeln. Rückschläge sind ja gerade in der Anfangszeit oft auch mit Zweifel an der eigenen Person sowie an der Sache verknüpft. Dann taucht oftmals die Frage: "Wie soll’s den jetzt weitergehen auf?"

Meine New/Outplacement-Kunden führe ich dann gerne in den sogenannten Kompetenzraum, um Sie darin zu bestärken, dass Sie alle Ressourcen zur Verfügung haben, um mit einer Scheitersituation gut umgehen zu können. Das funktioniert folgendermaßen und zwar nimmt man drei Kärtchen, die mit Erkenntnis, Ordnung und Vertrauen beschriftet werden und legt diese am Boden in Form eines Dreiecks auf.

Die Ecken des Dreiecks symbolisieren dabei drei Pole und zwar auf der linken Seite liegt die Ordnung, rechts das Vertrauen und an der Spitze liegt die Erkenntnis. Jeder Pol stellt die jeweilige Kraftquelle dar, von der die Kunden nehmen können, so viel Sie benötigen. Dann betreten sie den Kompetenzraum und laden ihre Batterien bei den einzelnen Polen auf indem sie alle drei Pole nacheinander abschreiten. Die Reihenfolge nach denen sie die Pole abschreiten bleibt den Karrierecoaching-Kunden selbst überlassen.

Verharren Sie solange an einer Kraftquelle wie nötig und stärken Sie so beispielsweise Ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten oder die Ihrer MitarbeiterInnen. Lassen Sie sich durch das Wissen aus dem Erkenntnispol bereichern oder packen Sie strukturelle Veränderungen mithilfe des Ordnungspoles an.

Am Ende der Übung fühlen sich meine New/Outplacement-Kunden sehr oft erleichtert, gestärkt oder haben einen guten Impuls für den nächsten Schritt bekommen. Ach ja und zum Abschluss noch ein sehr einfacher Tipp für den Weg in die Selbstständigkeit.

In den Gründungsjahren sind externe Unterstützer, welcher Art auch immer sehr willkommen und gerade dann wenn Sie es am wenigsten erwarten taucht plötzlich eine helfende Hand auf. Denken Sie nicht lange nach, sondern greifen Sie einfach zu.

Gutes Gelingen!

Michael Hanschitz
Michael HanschitzHanschitz

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

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