Digitale Lernmedien: Vom Hören zum Sehen

Podcasts bieten seit dem iPod auch unterwegs kleine Wissenshäppchen.
Podcasts bieten seit dem iPod auch unterwegs kleine Wissenshäppchen.(c) Getty Images (Eva-Katalin)
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Podcasting in der Lehre befindet sich in der Konsolidierungsphase und ist heute nicht mehr wegzudenken. Didaktisches Know-how ist allerdings nach wie vor wichtig.

Wer glaubt, dass Podcasts „Schnee von gestern“ sind, irrt. Denn vor allem junge Menschen bis 30 Jahre nutzen die Beiträge gern, um an Informationen zu kommen. „Bei uns am Lehrgang entstehen gerade zwei Master-Thesen über den Einsatz von Podcasts im Unterricht“, sagt Andrea Schlager, Leiterin des Masterstudiengangs E-Education – E-Learning und Social-Media-Learning. Dessen Hauptziel ist es, den Studierenden praktische und theoretische Kompetenzen im Umgang mit neuen Medien für das Lehren und Lernen in verschiedenen pädagogischen Einsatzbereichen zu vermitteln. „Was einen guten Podcast ausmacht, ist weniger die Technik als vielmehr das Storytelling, dass man authentisch ist und keine Larifari-Inhalte präsentiert“, sagt Schlager. Charakteristisch für das Studienangebot, das als Masterprogramm zwei Jahre und als Certified Program ein Jahr dauert, ist der interdisziplinäre Zugang. Er ermöglicht, dass die Studierenden E-Learning, Blended Learning und Online-Lernen aus der Perspektive verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen behandeln und diskutieren.

„Heute befinden wir uns bei Podcasts im Lernumfeld in der Konsolidierungsphase“, sagt Martin Ebner. Er leitet das Department Lehr- und Lerntechnologien an der TU Graz. Das Wichtigste bei einem Podcast: der Ton. „Die Bildqualität muss nicht ganz so optimal sein.“ Was bedeutet: Heute wird sowohl bei Audio- als auch bei Videoangebot von Podcast gesprochen. „Für Interviews und Geschichten genügt ein Audiopodcast. Will man in Chemie ein Experiment zeigen, geht das ohne Bild nicht.“ Deshalb gebe es bei Lern-Podcasts tendenziell eine Aufteilung zwischen Geistes- (Audio) und Naturwissenschaften (Video).

Wie man professionelle Podcasts erstellt, können Lehrende der TU Graz im Department lernen. Eine explizite Fortbildung wird aber nicht angeboten, sagt Ebner. Unterstützung erhält man beispielsweise beim Learning Lab der TU, das neben verschiedenen Apps auch Podcasts rund um das Einbinden von neuen Vermittlungskanälen anbietet. Das betrifft vor allem Massive Open Online Courses (MOOCs). Hier kann man lernen, wie man beispielsweise Mint-MOOCs mit mathematischen Inhalten in den Unterricht einbindet. „Womit wir gerade experimentieren, sind 360-Grad-Kameras für die Wissensvermittlung“, sagt Ebner. Sie eignen sich für Inhalte, bei denen Beobachtungslernen eine Rolle spielt, etwa beim Klettern. „Nachdem sich Studierende angeschaut hatten, wie der Trainer mit welchen Fuß- und Griffstellungen in einer Wand klettert, konnten sie ohne theoretische Einführung in medias res gehen.“

Zehn statt 90 Minuten

Die Inhalte eines Podcasts sollten nicht länger als zehn Minuten sein, auf kleine Portionen aufgeteilt und trotzdem von innerer Gesamtheit gekennzeichnet. Diese Empfehlungen gibt Michael Kopp, Leiter des Zentrums für digitales Lehren und Lernen an der Universität Graz: „Für Lehrende war das anfangs eine Herausforderung, weil sie 90-Minuten-Einheiten gewohnt waren. Sie mussten durch die steigende Nachfrage nach Podcasts ihre gesamten Lehrkonzepte umstellen, kürzer und prägnanter gestalten.“ Das Zentrum bietet regelmäßig Fortbildungskurse dazu an, etwa Methoden, Tipps und Tricks zur digitalen Lehre oder dazu, wie man Videotutorials und Screen-Capture-Videos einfach selbst erstellt. „Was aber vor der Produktion eines Podcasts vorrangig beachtet werden muss, ist die Didaktik. Denn von ihr hängt ab, welches Medium ich wähle und wie ich meinen Inhalt aufbaue. Vermittelt das Bild keinen Mehrwert, tut es ein Audio-Podcast auch“, sagt Kopp. Dazu bietet die Steirische Hochschulkonferenz ein Fortbildungsprogramm an. Durch dieses können Lehrende ihre Qualifikation mit Kompetenzen im Bereich des Einsatzes von Lehr- und Lerntechnologien anreichern. Das Programm umfasst acht Module und schließt mit einem Zertifikat ab. „Das österreichweit einzigartige Angebot wird so gut angenommen, dass wir bis 2021 ausgebucht sind.“

Web:www.edidactics.at,

www.digitales-lehren-und-lernen.uni-graz.at, www.tugraz.at/oe/lehr-und-lerntechnologien, www.fnma.at

INFORMATION

Podcasts waren ursprünglich reine Audio-Angebote, die auf Plattformen im Netz abgerufen werden konnten. Heute umfassen sie auch Video- und Screenshot-Präsentationen. Ursprünglich wurde unter Podcast eine thematische Serie verstanden, die auch abonniert werden konnte. Heute werden auch einzelne Beiträge Podcast genannt. Früher als „Audioblogging“ bekannt, gibt es den Begriff Podcast seit 2004. Bekannt wurde er mit dem iPod und der Integration von Podcasts in iTunes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2019)

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