Schlechte Zeiten für Hassprediger

Die Gesetzeslage von Österreich bis Frankreich: In immer mehr Ländern wird der Aufruf zum Terrorismus unter Strafe gestellt. In Großbritannien ist sogar dessen Verherrlichung verboten.

Österreich: Strafe für Terror-Gutheißer

Wer in Österreich zu einer terroristischen Tat auffordert oder sie auch nur gutheißt, dem drohen bis zu zwei Jahre Haft. So sieht es das am Dienstag im Ministerrat verabschiedete Gesetz vor. Dieselbe Strafe droht Personen, die in Medien oder im Internet Anleitung zu einer terroristischen Straftat geben.

Teil des Präventionspakets ist überdies eine Ausweitung des Verhetzungsparagrafen. Künftig darf man auch nicht gegen bestimmte Altersgruppen, ein Geschlecht oder Personen mit einer bestimmten sexuellen Orientierung feindliche Stimmung verbreiten (bis zu zwei Jahre Haft drohen). Bisher galt das nur für durch Rassen oder Religion abgegrenzte Gruppen. Strafbar ist man bereits, wenn man eine der genannten Gruppen öffentlich „verächtlich macht“. Neu sind auch eigene Delikte für die Terroristenausbildung: „Lehrer“ müssen mit bis zu zehn, „Schüler“ mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen. aich


Großbritannien: Terrorglorifizierung strafbar

Die Anschläge auf Londons U-Bahn im Juli 2005 führten zu einer gesetzlichen Handhabe gegen Hassprediger: Im erweiterten Antiterrorgesetz von 2006 wurde die Glorifizierung von oder die Anstachelung zu politischer Gewalt unter Strafe gestellt, ebenso die „indirekte Ermutigung“ zu Terrorakten. Der direkte Aufruf zum Terrorismus war aber schon zuvor strafbar. Untersagt ist ebenfalls die Verbreitung von Publikationen, die der Vorbereitung von Anschlägen dienen können. Der bekannteste Fall ist bisher der von Abu Hamza al-Masri, der in der berüchtigten Finsbury Park Moschee predigte: Er wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt, weil er zur Tötung von Nichtmuslimen aufgerufen hatte. Auf Basis des neuen Gesetzes wurden auch zahlreiche islamistische Gruppen verboten. Großbritannien ist wegen seiner großen pakistanischen Community besonders wachsam. hd


Deutschland: Handhabe gegen Hassprediger

Seit 2001 traten mehrere neue Antiterrorgesetze in Kraft. Extremistisch ausgerichtete religiöse Gemeinschaften können nach der Novellierung des Vereinsgesetzes verboten werden. Seit einer Erweiterung des Antiterrorgesetzes im Jahr 2007 darf der Verfassungsschutz auch gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen agieren, wenn diese die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt fördern. Dabei kann es sich genauso um Hetze rechtsextremistischer Organisationen wie um islamistische Hasspredigten handeln. Seit Juli 2009 kann die Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Taten geahndet werden, so etwa die Ausbildung in einem Terrorcamp, mit bis zu zehn Jahren Gefängnis. Voraussetzung ist der Vorsatz, eine Straftat begehen zu wollen. Auch das Verbreiten von Sprengstoffanleitungen und die Aufnahme von Beziehungen zu terroristischen Vereinigungen kann bestraft werden. em


USA: Schwammiger „Patriot Act“

Nach den Anschlägen vom 11.September 2001 wurden in den USA die Antiterrorgesetze drastisch verschärft, gebündelt im sogenannten „Patriot Act“. Dieser stellt unter Strafe, „wissentlich“ ausländischen Terrorgruppen, die vom Außenministerium als solche gelistet sind, materielle Unterstützung oder Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die Bestimmung ist schwammig und enthält vor allem keine Ausnahme bezüglich des ersten Verfassungszusatzes (der die Redefreiheit garantiert). Juristen streiten daher, welche Art verbaler Äußerungen darunterfällt. Jedenfalls unter Strafe steht jeglicher „Expertenratschlag“ (nicht nur in technischer Hinsicht) in der Vorbereitung eines Terroraktes. Ein bekannter Fall war der des Biologen Ali al-Timimi, der 2005 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, weil er seine Anhänger dazu angestiftet hatte, Terrorcamps im Ausland zu besuchen. red


Dänemark: Harte Gangart

Im sonst liberalen Dänemark gibt es für die Vorbereitung von Terrorakten drakonische Strafen. Auch wer einen anderen für einen Terrorakt anwirbt oder ihn dafür trainiert, wird mit Gefängnisstrafen von sechs bis zehn Jahren bestraft, unter verschärften Umständen gar bis zu sechzehn Jahren. Mit immer härteren Gesetzen reagiert Dänemark auf die Drohungen, die das skandinavische Land seit der Teilnahme am Irak-Krieg und vor allem seit der Affäre um die Mohammed-Karikaturen als Terrorziel auf eine Stufe mit den USA und Israel hoben. Die Befugnisse der Polizei für Abhörung und Überwachung wurden ausgebaut. Auch in Schweden sollen die Anstiftung, Rekrutierung, Ausbildung und Vorbereitung zu Terrorakten unter verschärfte Strafe gestellt werden, der vorgeschlagene Rahmen ist allerdings allerdings deutlich niedriger als im Nachbarland. gam


Frankreich: Zahlreiche Abschiebungen

Die Anstiftung zu terroristischer Gewalt oder deren Verherrlichung wird in Frankreich mit Haft und Bußgeld bestraft. Auf diesen Gesetzesartikel stützen sich auch Entscheide zur Ausweisung sogenannter Hassprediger. Oft reicht schon „Anstiftung zu Gewalt“ als Begründung einer Ausweisung, wie im jüngsten Fall eines Imams von Saint-Denis im Norden von Paris im Jänner 2010. Laut Innenminister Brice Hortefeux handelte es sich um „ein gefährliches Individuum, das in den Moscheen von Saint-Denis zum Kampf gegen das Abendland aufrief... und zu Gewalt anstiftete“. Eine spezielle Polizeibrigade und Antiterror-Untersuchungsrichter ermitteln nicht nur nach Terrorakten, sondern auch bei deren Verherrlichung durch Dritte. Besonderes Augenmerk gilt dabei Internetforen. Seit 1991 wurden wegen Anstiftung zu Gewalt 129 Islamisten aus Frankreich abgeschoben, darunter 29 Imame oder Prediger. r. b.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2010)

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