Österreich hat jetzt eine Bioökonomie-Strategie

Die eben beschlossene Bioökonomie-Strategie skizziert, wie fossile Rohstoffe durch nachwachsende ersetzt werden könnten. Der Weg dorthin ist aber noch reichlich unklar.

Lang hat's gedauert, aber nun hat auch Österreich eine Bioökonomie-Strategie. Viele Jahre hatten, in alter großkoalitionärer Tradition, zwei Ministerien (Umwelt und Infrastruktur) unabhängig voneinander an Plänen gearbeitet, wie ein Ersatz fossiler Ressourcen durch nachwachsende Rohstoffe zu schaffen sei. Nun ist bei dem gemeinsamen Papier sogar noch ein drittes Ministerium (Wissenschaft) mit an Bord.

Die 70-seitige Strategie, die diesen Mittwoch den Ministerrat passiert hat, ist ein recht umfassender Streifzug durch ein Gebiet, das Antworten auf eine Reihe globaler Herausforderungen geben kann – etwa Ressourcenverknappung, Umwelt- und Klimaschutz oder nachhaltige Entwicklung. Das Papier beschreibt aktuelle und künftige Technologien zur intelligenten Nutzung von Biomasse (z. B. Bioraffinerien oder Pyrolyse) und skizziert Perspektiven in verschiedenen Sektoren.

Die Strategie spart aber auch zwei zentrale kritische Punkte nicht aus: erstens das Problem, genügend Biorohstoffe produzieren zu können, ohne die Ernährung zu gefährden und die Natur über Gebühr zu beanspruchen. Verschiedenen Schätzungen zufolge wären in Österreich 0,9 bis 3,8 Millionen Hektar Anbauflächen nötig, um alle fossilen durch biobasierte Materialien zu ersetzen. Zum Vergleich: Derzeit werden in Österreich 7,3 Millionen Hektar land- und forstwirtschaftlich genutzt – eine dramatische Ausweitung der Biomasseproduktion wird also nicht mehr möglich sein.

Die Autoren der Strategie geben sich aber dennoch zuversichtlich, dass ein Umstieg auf eine Bioökonomie möglich ist: zum einen durch die Erschließung von Nebenprodukten und Reststoffen sowie eine kaskadische Nutzung der Biomasse (zuerst stofflich, dann energetisch) und zum anderen durch eine Kombination von „Suffizienz“ (Änderung des Nutzungs- und Konsumverhaltens), „Effizienz“ (möglichst vollständige Nutzung von Rohstoffen) und „Konsistenz“ (Kreislaufwirtschaft).

Der zweite kritische Punkt ist die Wirtschaftlichkeit: Biobasierte Alternativen zu Erdölprodukten gibt es zwar schon in vielen Bereichen, etwa bei Kunst- oder Dämmstoffen. Diese sind aber teurer und werden daher kaum eingesetzt. In der Bioökonomie-Strategie wird nun u. a. gefordert, die Mehrkosten der biobasierten Herstellung durch „Markteingriffe“ auszugleichen.

Das sind mutige Ansagen. Man darf gespannt sein, was davon im Aktionsplan zur Umsetzung, der für den Herbst angekündigt wurde, übrig bleibt.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum-Magazins“.

meinung@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2019)

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