Gelbwesten. Frankreichs Präsident wollte auf Zeit spielen. Doch das hat nicht funktioniert. Bei Protesten in Paris wurden Geschäfte geplündert.
Paris. Es sollte nur eine weitere Kundgebung der Gilets jaunes, der Gelbwesten, sein. Rund 10.000 Demonstranten waren am Wochenende in Paris zusammengekommen. Doch in ihre Reihen hatten sich zahlreiche Personen gemischt, die offenbar mit der Absicht gekommen waren, bei der ersten Gelegenheit die Konfrontation mit den Ordnungskräften zu provozieren. Auf der Avenue des Élysées brannten Barrikaden. Mehrere Geschäfte, eine Hugo-Boss-Boutique und ein Juwelier, wurden geplündert, das bekannte Luxusrestaurant Fouquet's durch Brandstiftung weitgehend verwüstet. Bei einer ebenfalls in Brand gesteckten Bankfiliale kam es fast zu einer Katastrophe: Elf Personen konnten gerade noch leicht verletzt aus den oberen Etagen des Gebäudes vor den Flammen gerettet werden.
Nicht nur Symbole des Kapitalismus und Luxus wurden angegriffen, auch zwei Zeitungskioske gingen in Flammen auf. Im Radio meinte eine betroffene Kioskfrau verbittert: „Ich habe selbst zu Beginn die Gelbwesten unterstützt. Jetzt ist Schluss damit. Wir sind keine Kapitalisten, wir verdienen nur den Minimallohn. Unsere Arbeit ist weg. Alle wussten, dass es heute zu Gewalt kommen würde, doch es gab keinen Ordnungsdienst der Gilets jaunes.“
Macron verspricht härteres Vorgehen
Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, kündigte an, noch härter als bisher gegen Gewalttäter vorgehen zu wollen. Zuvor war die von ihm initiierte Große nationale Debatte offiziell zu Ende gegangen. Trotz reger Beteiligung an den Diskussionen bleibt offen, ob die zahlreichen dabei gemachten Vorschläge oder Beschwerden etwas bewirken werden. Mit diesem in Frankreich neuartigen Bürgerdialog wollen sich die meisten Gelbwesten nicht abfertigen lassen. Die Radikalsten unter ihnen glauben mehr denn je nur noch an die „direkte Aktion“.
Nach vier Monaten ist ein Ende des Konflikts nicht absehbar. Macron glaubte, auf Zeit spielen zu können. Doch diese Taktik ist nicht aufgegangen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2019)