Banken: Fusion zweier Sorgenkinder

Am Sonntag wurde offiziell, was bereits seit Wochen im Raum steht: die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank.
Am Sonntag wurde offiziell, was bereits seit Wochen im Raum steht: die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank.(c) REUTERS (Kai Pfaffenbach)
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Die beiden deutschen Finanzinstitute Deutsche Bank und Commerzbank verhandeln nun offiziell über einen Zusammenschluss. Ob das reichen wird, um zur US-Konkurrenz aufzuschließen?

Wien/Frankfurt. Ob der Regisseur der deutsch-luxemburgischen Fernsehserie „Bad Banks“ hellseherische Fähigkeiten besitzt, ist zwar nicht überliefert. Aber die mehrfach ausgezeichnete Produktion hat eines bereits vorweggenommen: die (Zwangs-)Fusion zweier Großbanken. Aufmerksamen Zusehern dürfte dabei eines nicht entgangen sein: Eines der beiden Institute erinnert stark an die Deutsche Bank.

Wieder in der Realität angekommen, wurde am Sonntag nun offiziell, was bereits seit Wochen im Raum steht: die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank. Beide Privatbanken teilten nach getrennten Sitzungen ihrer Vorstände mit, ab nun Gespräche miteinander zu führen. Ob die Fusion tatsächlich kommen wird, bleibt freilich offen. Prüfen wird man sie allemal.

Größte deutsche Bank entsteht

Die deutsche Regierung in Gestalt des Finanzministeriums meldete sich bereits zu Wort: Man stehe mit den Beteiligten in Kontakt. SPD-Finanzminister Olaf Scholz gilt als großer Befürworter eines Zusammenschlusses. Gemeinsam mit Finanzstaatssekretär Jörg Kukies, dem einstigen Deutschland-Chef von Goldman Sachs, wirbt er bereits seit Monaten für stärkere deutsche Institute.

In der Tat gelten die beiden börsenotierten Geldhäuser jedoch als angeschlagen. Die Deutsche Bank war in den vergangenen Jahren in zahlreiche Finanzskandale verwickelt und wurde von den Behörden dafür wiederholt zur Kasse gebeten. 2018 schlug, erstmals nach drei Verlustjahren in Folge, ein Gewinn zu Buche. Mehrfache Chefwechsel und eine fehlende Strategie spiegeln sich im gesunkenen Aktienkurs wider: Das Papier kostete in der Vorwoche knapp acht Euro, zu Hochzeiten waren es noch mehr als 80 Euro.

Die Commerzbank musste im Zuge einer unglücklichen Übernahme vom Steuerzahler gerettet werden. Auch heute noch ist der Bund mit 15 Prozent größter Einzelaktionär. Zwar konnte das Institut seinen Gewinn zuletzt steigern. Zehn Jahre nach der Krise ist man bei der Senkung seiner Kosten aber noch immer nicht am Ziel. Eines ist jedoch klar: In Deutschland würde durch die Fusion der größte nationale Spieler auf dem Bankensektor mit rund 38 Millionen Privat- und Firmenkunden entstehen. Die Bilanzsumme beliefe sich zunächst auf fast zwei Billionen Euro, die Zahl der Mitarbeiter würde sich auf rund 140.000 summieren. Doch aus zwei schwachen Instituten werde nicht automatisch ein starkes, sagte der Chef der Deutschen Finanzaufsicht vor einiger Zeit – ohne die Banken beim Namen zu nennen.

Die Gewerkschaft Verdi steht dem Vorhaben jedenfalls ablehnend gegenüber, sieht sie doch Zehntausende Jobs gefährdet. Welche Rolle der Staat in der Causa spielen wird, ist auch noch nicht ausgemacht. „Eine Beteiligung des Bundes an einer fusionierten Großbank auf dem Umweg der Altbeteiligung darf es nicht geben. Wir brauchen keine Deutsche Staatsbank AG“, mahnt CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach.

USA laufen Europa davon

Ob mit der Fusion ein bedeutender europäischer Gegenspieler im Vergleich zur US-Konkurrenz entstehen kann, ist fraglich. Aber es ist leichter möglich. „Das Einzige, worauf es im Banking ankommt, ist Größe“, sagte Axel Weber beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Weber war früher Präsident der Deutschen Bundesbank und ist heute Verwaltungsrat-Chef der Schweizer UBS. Selbst der Chef der US-Großbank JP Morgan, Jamie Dimon, sprach sich kürzlich für Bankenfusionen in Europa aus.

Erst vor wenigen Tagen, ob Zufall oder nicht, veröffentlichte die Deutsche Bank eine Studie, in der sie sich mit der Schwäche des europäischen Bankensektors befasste. So sei die Entwicklung der Konjunktur in der Eurozone untrennbar mit dem Bankensektor verbunden. Dieser stelle drei Viertel der Unternehmens- und neun Zehntel der privaten Haushaltsfinanzierung. In den USA ist die Abhängigkeit schon wesentlich geringer.

Für die Probleme im Bankensektor macht die Analyse unter anderem die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die strenge Regulierung verantwortlich. Während die EZB-Strafzinsen Europas Institute Milliarden kosten, profitieren die US-Banken vom deutlich höheren Zinsniveau. Die Branche auf dem alten Kontinent kämpft seit Jahren mit schwachen Margen, der Markt ist stärker fragmentiert.

Geldhäuser in den USA konnten ihre Altlasten aus der Finanzkrise zudem schneller hinter sich lassen. Dabei geholfen hat das zügigere Vorgehen der Politik. Eine EY-Studie von 2018 stellte außerdem fest, dass sich die Gewinnsituation unter Europas Topbanken zwar verbessert habe, vom Vorkrisenniveau sei man aber noch weit entfernt.

AUF EINEN BLICK

Infos:www.diepresse.com/economistGrünes Licht gab es am Sonntag für Verhandlungen über einen Zusammenschluss zwischen Deutscher Bank und Commerzbank. In Europa entstünde nach der britischen HSBC und der französischen

BNP Paribas das drittgrößte Institut.

Die Deutsche Bank hat eine Bilanzsumme von 1,35 Billionen Euro und knapp 92.000 Mitarbeiter. Der Gewinn 2018 betrug 341 Millionen Euro.

Die Commerzbank kommt auf eine Bilanzsumme von 462 Milliarden Euro und auf einen Gewinn von 865 Millionen Euro. Sie beschäftigt rund 49.000 Mitarbeiter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2019)

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