Berufsunfähigkeit – für wen sich Versichern lohnt

Besonders interessant sei eine Berufsunfähigkeitsversicherung für junge, gut ausgebildete Menschen, denen potenziell eine große Karriere bevorsteht (Symbolbild).
Besonders interessant sei eine Berufsunfähigkeitsversicherung für junge, gut ausgebildete Menschen, denen potenziell eine große Karriere bevorsteht (Symbolbild).(c) Clemens Fabry
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Die Österreicher sind im internationalen Vergleich selten privat gegen Berufsunfähigkeit versichert, zeigt eine aktuelle Studie. Die Deutschen sind uns weit voraus – denn dort springt der Staat für Jüngere kaum noch ein.

Wien. Die Österreicher sind vergleichsweise selten gegen Berufsunfähigkeit versichert. Nur vier Prozent der Beschäftigten hierzulande haben eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. In Deutschland und den USA sind es jeweils ein Drittel. Das geht aus einer Studie hervor, die das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Versicherungsverbandes erstellt hat. Berufsunfähigkeitsversicherungen springen ein, wenn jemand wegen eines Unfalls oder einer Krankheit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Das tritt relativ selten ein: Eine von 10.000 unter 25-jährigen Personen ist von Berufsunfähigkeit betroffen. Bei den 45-Jährigen sind es 14 von 10.000 und bei den 60-Jährigen 110 von 10.000, heißt es in der Studie.

Der Grund, warum sich in Deutschland deutlich mehr Menschen gegen Berufsunfähigkeit versichern, liegt in der Ausgestaltung des Sozialstaates. In Deutschland gibt es bei Berufsunfähigkeit für Jüngere keinen staatlichen Schutz mehr. Die Berufsunfähigkeitsrente wurde 2001 für alle, die nach dem 2. Jänner 1961 geboren sind, abgeschafft und durch die Erwerbsminderungsrente ersetzt. Sie sieht keinen „Berufsschutz“ mehr vor. Wenn jemand wegen eines Unfalls seinen angestammten Beruf nicht mehr ausüben kann, muss er in eine andere Branche oder in einen anderen, wenn möglich auch untergeordneten Job wechseln. Nur wenn er gar nicht (oder kaum) mehr am Berufsleben teilnehmen kann, bekommt er eine Erwerbsminderungsrente. Es gibt starke Abstufungen bei den Bezügen.

Versicherungsmakler raten jedenfalls stark zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Aber die Prämien sind nicht gerade günstig. 2017 wurden in Österreich aus Berufsunfähigkeitsversicherungen 29 Mio. Euro an Prämien eingenommen, aufgeteilt auf 58.522 Verträge. Das bedeutet im Durchschnitt eine Jahresprämie von 500 Euro. Ein Jahr davor waren es 22 Mio. Euro Prämie aus 42.934 Versicherungsverträgen. Die Versicherungssumme stieg zuletzt von 2,05 auf 2,37 Mrd. Euro.

„Eher seltenes Risiko“

Besonders interessant sei eine Berufsunfähigkeitsversicherung für junge, gut ausgebildete Menschen, denen potenziell eine große Karriere bevorsteht, wie Akademiker oder technische Fachkräfte, sagt Studienautor Thomas Url. Der Staat springt bei Berufsunfähigkeit für 70 Prozent des Letzteinkommens ein. Bei jungen, gut ausgebildeten Menschen steigt die Einkommenslücke von 30 auf 50 Prozent. Denn der Staat berücksichtige nur das aktuelle Einkommen und keine künftigen Karrieren. Es werde so getan, als bliebe das Einkommen gleich. Es handle sich bei Berufsunfähigkeit „um ein eher seltenes Risiko, das aber eben nur teilweise durch eine öffentliche Versicherung gedeckt ist“, sagt Url.

Im Schnitt verlieren 25-jährige Männer bei Berufsunfähigkeit ohne Versicherung – je nach Beruf – ein Drittel bis gut die Hälfte ihres künftig noch zu erwartenden Nettolebenseinkommens. Bei Frauen ist es weniger als ein Drittel bzw. maximal etwas unter der Hälfte. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Einkommenslücke durch eine Berufsunfähigkeit ab. Im Alter von 60 Jahren schwankt sie bei Männern zwischen sechs und zehn Prozent, bei Frauen zwischen acht und elf Prozent, so Url. (APA/hie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2019)

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Österreicher kaum gegen Berufsunfähigkeit versichert

In Österreich haben nur vier Prozent der Beschäftigten eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Die staatliche Absicherung reicht beiweitem nicht aus, um den Verlust an Lebenseinkommen zu kompensieren.

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